Wissenswertes über den Weißstorch

Das Storchennest in Vetschau / Spreewald im Detail

Moderator: Storchenzentrum

skippy

Beitrag von skippy »

DIE SONNE ALS GELEIT

In den bisherigen Beiträgen ist schon mehrfach auf die Bedeutung des Lichts für die Tiere und deren Wanderungen hingewiesen worden. Unsere bedeutendsten Lichtspender sind die beiden Himmelsleuchten, die Sonne als Taggestirn und der Mond als nachts leuchtender Trabant der Erde. Licht wahrnehmenden Lebewesen können diese beiden Himmelsleuchten während ihrer Evolution daher genau so wenig entgangen sein wie dem altsteinzeitlichen Menschen, der um Jahrmillionen jünger ist als der Rest des anderen Getiers, aber recht rasch lernte, die Bewegungen dieser beiden Himmelskörper zu beobachten und schon als Steinzeitmensch in seinen Megalithbauten die Gesetze der Himmelsmechanik zu verankern, wie es z. B. in Stonehenge geschehen ist.

Schon bei niederen Lebewesen und den Pflanzen ist eine Orientierung auf das Licht vorhanden, die phototaktische Bewegung. Die ortsfesten, nicht mobilen Pflanzen richten ihren Wuchs und die Stellung ihrer Blätter mit den Chloroplasten nach dem Licht der Sonne aus.

Bei den höheren mobilen Lebewesen geht die Ausrichtung auf das Licht der Sonne aber schon soweit, dass sie deren Wanderung aktiv folgen, wie es z. B. bei den Zugvögeln über Tausende von Kilometern erfolgt. Für die Störche als tagaktive Tiere und Tagzieher ist zweifelsohne die Sonne durch ihre Leuchtkraft das für sie dominierende Gestirn, wie auch für alle anderen tagaktiven Lebewesen.

Das unmittelbar sichtbare Umfeld für Mensch und Tier auf der Erde ist durch den Horizont geprägt und begrenzt, eine gedachte kreisförmige Ebene in Augenhöhe, die das Himmelsgewölbe von der Erde trennt, der scheinbare Horizont. Der Horizont ist dabei das allgegenwärtige Bezugssystem für all jene Lebewesen, die sich nach dem Licht der Sonne und der Gestirne orientieren und ausrichten. Um dieses allgegenwärtige Bezugs- und Orientierungssystem „Horizont“ zu verstehen, ist es einmal erforderlich, die wesentlichsten Merkmale des Horizonts zu erörtern, die eine Orientierung der Lebewesen in Raum und Zeit ermöglichen.

HINWEIS:

Für das anstehende Thema „Die Sonne als Geleit“ ist es zweckmäßig, sich einmal mit dem Horizontsystem in der Geoastronomie vertraut zu machen, da dies zum Verständmis der räumlichen und zeitlichen Orientierung unter den Lebewesen unumgänglich ist. Hier der entsprechende Link von Jürgen Giesen dazu: http://www.jgiesen.de/

Wie die räumlich-zeitliche Orientierung am Horizont vermittels der Sonne ganz ohne künstliche Hilfsmittel schon mit den rein optischen Sinneswahrnehmungen des Tieres oder des altsteinzeitlichen Menschen erfolgen kann, soll einmal am Beispiel eines auf eine einsame Insel im Ozean verdrifteten Robinson demonstriert werden, der keinerlei Raum-Zeitorientierung mehr besitzt, da es das Verständnis für die Orientierung der Tiere vermittels der Sonne erheblich erleichtert und uns Zugang zu diesem Orientierungssystem verschafft.

Der Horizont ist auf der Erde allgegenwärtig und ist in Verbindung mit dem Sonnenstand und/oder den Gestirnen eines der ältesten Orientierungssysteme, dessen sich der Alltagsmensch heute vielfach gar nicht mehr bewusst ist. Dabei vermag der Horizont Mensch und Tier eine Fülle an Informationen zur Raum-Zeitorientierung zu übermitteln. Schon innerhalb weniger Stunden kann der einsame Robinson auf seiner Insel aus der Richtung des Ganges der Sonne feststellen, wo sich der Sonnenaufgang und der Sonnenuntergang am Horizont befinden müssen, da sich die Sonne stets von Ost nach West über den Horizont bewegt. Dort, wo der Sonnenaufgang erfolgt, liegt der Osthorizont, und der Sonnenuntergang erfolgt am Westhorizont. Damit ist ihm die Ost-Westrichtung schon grob bekannt. Er weiß damit aber auch schon die Tageszeit. Solange die Sonne steigt ist es Vormittag, sobald sie zu sinken beginnt ist es Nachmittag.

Zwischen Ost- und Westhorizont befinden sich der Nord- und Südhorizont. Zur Tagesmitte, also mittags, kulminiert die Sonne, erreicht also ihren höchsten Stand über dem Horizont. Blickt Robinson auf diese kulminierende Sonne und der Osthorizont liegt dabei links von ihm, dann weiß er, dass er nach Süden blickt und sich auf der Nordhalbkugel befinden muss, womit dem Robinson nun auch die Nord-Südrichtung grob bekannt ist. Befindet sich der Osthorizont bei Blickrichtung auf die kulminierende Sonne rechts von ihm, dann weiß er, dass er sich auf der Südhalbkugel befinden muss. Er hat damit erst einmal ganz grob die Haupthimmelsrichtungen und die entsprechende Erdhalbkugel sowie die Tageszeiten für seine räumlich-zeitliche Orientierung gefunden.

Verfolgt Robinson über mehrere Wochen den Tagbogen der Sonne, ob er über dem Horizont weiter ansteigt oder sich ihm bereits wieder nähert, so hat er auch schon den ersten Anhaltspunkt dafür gefunden, ob die Jahresmitte erreicht oder bereits überschritten ist. Sobald der Tagbogen wieder langsam zu sinken beginnt, weiß er, dass die Jahresmitte überschritten ist und die Tage wieder kürzer werden. Sein Jahr auf der Insel hat durch dieses Ereignis aber einen festen Zeitpunkt im Jahresverlauf erhalten, die Sommersonnenwende am 21.Juni.

Sechs Monate später stellt er fest, dass der Tagbogen aus seinem tiefsten Stand über dem Horizont wieder aufsteigt und die Sonne wiederkehrt. Es ist die Zeit der Wintersonnenwende um den 22. Dezember. Nun ist sein Jahr auf der Insel in zwei Hälften zu je sechs Monaten geteilt. Eine Art erste Kalenderteilung des Jahres.
Schon der steinzeitliche Mensch hat sich für diese markanten Tage im Jahr an seinem „Wohnsitz“ oder Beobachtungsort die Sonnenaufgangspunkte und Sonnenuntergangspunkte zur Sommersonnenwende und Wintersonnenwende am Horizont durch Steine oder Holzpfähle auf einem Kreis oder Ringwall um seine Siedlung markiert. Dabei ist es ihm nicht entgangen, dass zwischen den zwei Sonnenwenden gleichfalls zwei markante Tage lagen, die Frühjahrs- und Herbst-Tag- und Nachtgleichen, wo der Tag- und der Nachtbogen der Sonne gleich lang sind. Es sind dies der 20. März und 22. September, durch die das Jahr nunmehr in vier Teile geteilt wird. An diesen Tagen geht die Sonne an allen Orten der Erde genau um 6 Uhr im Osten auf und um 18 Uhr im Westen unter.

Ohne einen großen Fehler zu begehen, kann man wohl unseren mit Augen ausgestatteten tagaktiven Tieren auch zubilligen, dass sie dieses Jahresspiel der Sonne am Horizont und Firmament gleichsam wahrnehmen; ja wahrscheinlich noch wesentlich mehr davon als unser menschliches Auge, da viele von ihnen auch Teile aus dem breiten Spektrum des UV-Lichts wahrnehmen können, was das menschliche Auge nicht mehr vermag.

Ihre innere biologische Uhr mit ihrer Circadian- und Circannuarrhythmik scheint auf die Tageslichtdauer der Monate März bis August der Nordhalbkugel eingestimmt zu sein, die sie durch den Südzug mit der dort zunehmenden Tageslichtdauer wieder zu synchronisieren versuchen, denn die lichtklimatischen Verhältnisse der Monate März bis August auf der Nordhalbkugel entsprechen denen von September bis Februar auf der Südhalbkugel; sie sind um sechs Monate verschoben. Wie genau solche endogenen biologischen Rhythmen zu funktionieren vermögen, zeigt bei unserem Hühnervolk z. B. der Hahnenschrei, der um Mitternacht erfolgt und dann am Morgen gegen vier Uhr, worauf man gewiss sein kann.

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Auch Robinsons Körper wirft bei Sonnenschein einen Schatten, der stets bei Sonnenhöchststand, also mittags zur Kulmination der Sonne, am kürzesten ist. Erfolgt der kürzeste Schattenwurf seines Körpers ganzjährig um die Mittagszeit in Nordrichtung, so weiß er auch daraus zu deuten, dass er sich auf der Nordhalbkugel befinden muß. Ja noch genauer, dass er sich nördlich von 23,5°N befindet, da im Jahresverlauf das Gebiet zwischen 23,5°N und 23,5°S zweischattig ist. Dort fällt der Schatten in Abhängigkeit von den beiden Sonnenwenden in dem einen Halbjahr einmal nach Süden und im anderen nach Norden. In den tropischen Breiten herrscht also die Zweischattigkeit. Sein Schatten würde zur Sommersonnenwende auf der Nordhalbkugel bis zur Herbst-Tag- und Nachtgleiche nach Süden fallen und zur Wintersonnenwende auf der Nordhalbkugel nach Norden fallen.

Allein nur mit seinem Körperschatten könnte Robinson auch die Südrichtung am Horizont feststellen, indem er die Stelle seines Standpunktes markiert und jene Stelle, wo sein Schattenwurf im Laufe des Tages am kürzesten ist. Verbindet er diese beiden Punkte miteinander, so erhält er die Nord-Süd-Linie, den Cardo (Pol, Weltachse), der den Horizont am Nord- und Südpunkt schneidet. Rechtwinklig zu dieser Nord-Süd-Linie durch seinen Stanpunkt liegt dann die Ost-West-Linie, der Decumanus, (Haupttor, hinter dem die Sonne liegt und ein- und austritt), der den Horizont im Ost- und Westpunkt schneidet. Durch diese sich rechtwinklig schneidenden Linien ist ein rechtwinkliges Kreuz entstanden, das Richtkreuz, Rechtkreuz oder rechte Kreuz oder gerichtete Kreuz, besser das ausgerichtete Kreuz, da es in Nord-Südrichtung/Ost-Westrichtung ausgerichtet ist.

Hat Robinson genau genug gearbeitet, dann muß sich der Polarstern genau senkrecht über dem Nordpunkt des Horizontes befinden, wovon er sich des Nachts durch dessen Anvisierung oder ein Lot aus einem Bastfaden und Stein überzeugen konnte. Auch aus der Länge seines Körperschattens konnte er wesentliche Informationen gewinnen. War sein Schatten genau so lang wie sein Körper groß war, dann wusste er, dass die Sonne in einem Winkel von 45 Grad über dem Horizont stand, womit er auch die Sonnenhöhe über dem Horizont kannte und daraus weitere Winkel abzuleiten vermochte.

Wie die Störchlis schon als Nestlinge mit Licht und Schatten umzugehen wissen, ist schon bei der Thermoregulation erörtert worden, wo die Nestlinge ihren Rücken bei Sonnenschein stets der Sonne zukehren und dadurch ihre Bauchseite beschatten. Allein durch seinen Körperschatten, der ihm hier als Gnomon, also als Schattenzeiger diente, ohne jegliche Hilfsmittel, ist es also Robinson auch möglich, Nordhalbkugel, Südhalbkugel, tropische Breiten und die Himmelsrichtungen, Tageszeiten und Jahreszeiten zu bestimmen, wie es auch der altsteinzeitliche Mensch durch die Beobachtung der Sonne und Gestirne bereits getan hat. Was die tagaktiven „Wandervögel“ schon Jahrmillionen vor seinem Erscheinen auf diesem Erdball kannten, lernte auch er alsbald für die Orientierung in Raum und Zeit, nämlich die Sonnenstände am Horizont zu erkennen und für Raum-Zeitorientierung zu nutzen.

PS: Wer sich für solche alten Kalender- und Zeitmessanlegen interessiert, hier ein Link dazu:
http://www.steveirvine.com/henge.html

Aber weder der altsteinzeitliche Mensch noch Robinson gab sich mit dieser, einer Grobschlosserei gleichenden Sonnenbeobachtung und damit verbundenen Orts- und Zeitbestimmung zufrieden. Tag für Tag wurden die Sonnenaufgangs- und Untergangspunkte (SAP/SUP) am Horizont beobachtet und auf einem Kreis, Wall oder Ringwall vermittels Steine oder Holzpflöcke markiert. Tatsächlich erfolgten Siedlungsgründungen der jüngeren Steinzeit bis hin zum auslaufenden Mittelalter durch die Festlegung des Cordo und Decumanus auf diese prinzipielle Art und Weise, wenn auch schon mit verfeinerten, aber immer noch recht primitiven Hilfsmitteln wie Schnurzirkel, Lot und Gnomon, die der exakteren Bestimmung der vier Haupthimmelsrichtungen am Siedlungsort und der SAP/SUP dienten.

Das war eine nahezu kultische Handlung; und bei fast allen Gründungsstädten wurde der Ortsmittelpunkt durch die Errichtung des ausgerichteten Kreuzes, des Richtkreuzes, festgelegt und die Tore in den Mauern der Stadt nach den Haupthimmelsrichtungen oder Sonnenauf- und Sonnenuntergangspunkten zu den Sonnenwenden ausgerichtet. Sie waren unbedingte Voraussetzung für eine räumliche und zeitliche Orientierung der Siedler am neuen Siedlungsort.

Nahezu alle alten Stadtgründungen erfolgten kreisförmig wie die Nester und Horste unserer Vögel und die Baue der Tiere. Das erinnert mich unmittelbar an eine Liedpassage, in der es heißt: „...machen wirs den Schwalben nach, bauen uns ein Nest ...“. Nun, unseren Störchlis und anderen Vögeln und Tieren, die Nester, Horste und Baue errichten, stand kein Schnuzirkel zur Verfügung; sie meistern das Kreisproblem durch die von ihren Beinen aus gegebene Körperlänge bis zur Schnabelspitze oder dem Maul. Sie dient sozusagen als variabler Radius für ihre Kreisbauten oder „Wallanlagen“. Noch nie ist es einem Storch oder Vogel eingefallen, sein Nest quadratisch oder rechteckig zu bauen, selbst wenn man ihnen solch geometrisch vorgeformten Horstunterlagen als Nisthilfen anbot. Über die Vorteile von kreisförmigen Horst-und Nestanlagen ist schon unter dem Beitrag „Perfekte Baumeister“ referiert worden.

Als primitive Hilfsmittel standen dem Altsteinzeitmenschen Holzpfosten, Hölzstäbe, Seil und Steine zur Verfügung, mit deren Hilfe die Richtkreuze erstaunlich exakt eingenordet wurden. Wenn auch der altsteinzeitliche Mensch kaum dreißig Jahre an einem gewählten Siedlungsort verweilte und dann mit seiner Sippe weiterzog, weil er die umgebenden Waldungen abgeholzt und die Jagdgründe ausgeschöpft hatte, erfolgte stets bei erneuter Siedlungsgründung abermals eine Bestimmung von Raum und Zeit durch das Richtkreuz, wie es auch Robinson praktizierte. Der Begriff Rechtkreuz/Richtkreuz hat dabei nichts mit dem juristischen Begriff des Rechtes oder des Richtens/Hinrichtens zu tun wie oft geglaubt wird, sondern entstammt der uralten Festlegung von Siedlungsorten nach dem nach Norden ausgerichteten Kreuz, das die Himmelsrichtungen weist.

Meist entstanden an den Orten der Errichtung des Richtkreuzes auch die alten heidnischen Kultstätten, Haine und Dingplätze, auf denen dann während der Christianisierung die ersten Kirchen als Holzbauten enstanden, was auch erklärt, weshalb unter den alten Kirchenbauten auch oft die Relikte der Dingplätze gefunden werden. Nahezu alle zu späterer Zeit (um 800 unserer Zeit) darauf errichteten Kirchenbauten aus Stein zeigen die Ausrichtung des Kirchenschiffes in Ost-Westrichtung, also wie es die alten heidnischen Kult- und Kalenderanlagen mit ihren Wällen aus Stein- und Holzkreisen seit Jahrtausenden vorgaben. Darin widerspiegelt sich das uralte astronomische Wissen der „Heiden“, die es so recht verstanden, aus den Gestirnen über ihrem Horizont zu lesen, wie es auch unsere Tiere heute noch vermögen.

Mensch und Tier leben auf der Erde in einem geozentrischen Weltbild. Dabei ist die Erde mit dem jeweiligen Ortshorizont, auf dem sie leben, ihr Bezugssystem, woran sie sich orientieren. Bereits der altsteinzeitliche Mensch hatte dieses Wissen und vermochte damit umzugehen; es wurde von Sippe zu Sippe und von Generation zu Generation weitergegeben, geriet aber unter der Christianisierung immer mehr in Vergessenheit und galt als Teufelswerk der Heiden. Nur ihre Schamanen, Tempelpriester, Medizinmänner und Heiler bewahrten dieses astronomische Wissen als ein Heiligtum in ihrem Gedächtnis. Heute ist es zum Teil Allgemeinwissen und Allgemeingut der Astronomen, das auch die Papstkirche nicht mehr anzugreifen vermag. Die Heiden wurden von der aufkommenden Christianisierung mit ihrem Kirchenwesen und Glaubensinstitutionen wegen dieses Wissens besonders im Mittelalter als Ketzer verteufelt, gefoltert, verbrannt oder mit dem „päpstlichen Bann“ belegt.

Nach der katholischen Kirchendoktrin hatte die Erde eben eine Scheibe zu sein, gleich dem Horizont. Sie setzte die Gestalt der Erde mit der sichtbaren Ebene eines natürlichen Horizontes gleich, der nach ihrer Auffassung im Mittelpunkt des Weltalls steht. Da war ein Astronom wie Nikolaus Kopernikus (1473 – 1543) mit seinem heliozentrischen Weltbild natürlich nicht gefragt und galt als absoluter Ketzer, der auch noch behauptete, die Erde sei eine Kugel, die die Sonnne umkreist. Das kopernikanische Weltsystem war das blanke Gift für das illusionäre Weltbild der Papstkirche zu Rom in ihrem Wunschdenken zu ihrer zentralen Rolle in der Welt. So drohte auch ihm der päpstliche Scheiterhaufen. Erst rund 450 Jahre später fand sich auch die Papstkirche bereit, einen solchen hervorragenden Astronomen zu rehabilitieren.

Nun, unsere Zugvögel und die in den Ozeanen über Tausende von Kilometern wandernden Fische kannten die Erde schon seit Jahrmillionen als Kugelgestalt und damit besser als die Papstkirche. Diese uralten Zeugen von Zugvögeln und wandernden Tieren haben nämlich eines dem entwicklungsgeschichtlich jungen Menschen voraus: sie durchwandern und durchziehen die Lüfte und Ozeane unserer Mutter Erde schon seit Äonen, bevor es auf ihr überhaupt den Menschen gab. Es hat sie einen völligen Schmarrn berührt, welches Weltbild die Papstkirche ihren Schäflein aufdoktrinierte. Sie hatten mit der päpstlich abgesegneten Weltbilddoktrin keine gespaltene Welt in ihren Erfahrungen erleben müssen wie der Mensch, da sie in ihren angeborenen Instinkten und generationenlangen Wandererfahrungen vom Menschen und deren Doktrinen nicht beeinflussbar waren.

Bis in das 20. Jahrhundert hinein war die katholische Papstkirche zu Rom ein penetranter Gegener des heliozentrischen Welbildes. Unsere Tiere und Vögel und auch der steinzeitliche Mensch, wie auch die Störche, kannten keinen solchen Zwiespalt zwischen Horizont, geozentrischem und heliozentrischem Weltbild, wie sie die christliche Kirche suggerierte, denn sie erlebten Horizont, Erde und Sonne als eine Einheit. Ihnen war die Sonne sogar heilig, deshalb heilig, weil sie erlebten und wussten, dass ihr Licht und die von ihr gespendete Wärme ihr Lebensspender ist.

Und der steinzeitliche Mensch wie auch die alten Kulturen verehrten und beteten sie an, die Sonne. Sie kannten sie schon Jahrtausende als Lebensspender auf Erden, lange bevor es einen Papst gab. Sie bedurften seiner nicht zur „Welterkenntnis“, der sich in selbst ernannter Weise als „Stellvertreter Gottes auf Erden“ in höchst ketzerischer und gotteslästerlicher Weise betitulieren und feiern lässt und dabei nicht einmal eine einfache Zelle oder Ameise zu erschaffen vermag. Die Papstkirche verwarf ein heliozentrisches Weltbild mit der auch für sie doch so lebensspendenden Sonne. Zuviel Blicke in die Sonne machen blind, wer aber die strahlende Sonne nicht erblickt, der ist blind.

Zahlreiche Grabungsfunde aus der Steinzeit zeigen die Siedlungen ring- bzw. kreisförmig oder elliptisch angelegt, umgeben von einem Wall aus Holzpfosten, Steinen und Erdaufwürfen. Bayern ist für solche Ringanlagen als Siedlungsorte aus der Keltenzeit eine archäologische Fundgrube. Auch hier dachte kein Neolithiker daran, seine Siedlungsanlagen in rechtwinkliger Form anzulegen. Das erfolgte erst in späteren Jahrhunderten, unter den Ägyptern, der Römerzeit und der Antike. Warum diese alten Siedlungsanlagen fast stets kreisförmig und nicht quadratisch, rechteckig oder polygon sind, erklärt sich aus den bisherigen Ausführungen über den Horizont, der ja kreisförmig ist, soll aber hier nicht mehr näher erläutert werden, da es uns von dem Thema der Störchlis zu weit wegführen würde. Wie die Sonnenstände über den jeweiligen Ortshorizonten die Tages- und Jahreszeiten bestimmen und damit jegliches biologische und mineralische Leben dirigieren, dürfte aus dieser schon überlangen Ausführung deutlich hervorgegangen sein. Dass Robinson auch allein mit seinem Körperschatten auf ebener Erde und mit einem durch einen Seilzirkel gezogenen Kreis oder einer Ellipse bereits eine „Uhrzeit“ des Tages grob festlegen und bestimmen konnte und damit eine Sonnenuhr hatte, ist bereits bei
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hervorragend bildhaft demonstriert worden und bedarf keiner weiteren Ausführungen hierzu.

Auch unseren primitiven Tieren darf man getrost zubilligen, dass sie Tageszeiten wie Morgen (Sonnenaufgang), Mittag (Sonnenkulmination), Abend (Sonnenuntergang) und Nacht unterscheiden können. Seit der Antike bis in das ausgehende Mittelalter teilte der Mensch den Tag lediglich in den „lichten Tag“ (von Sonnenaufgang bis Untergang) und die Nacht ein. Der Tag- und der zugehörige Nachtbogen wurden jeweils in zwölf Teile geteilt. Lichter Tag und die Nacht waren dadurch in jeweils zwölf Zeitabschnitte unterschiedlicher Dauer eingeteilt, die Hore inequales oder ungleiche Stunde. Nur zur Zeit der Tag- und Nachtgleichen sind diese Stunden jeweils gleich lang; in den anderen Jahreszeiten waren diese Stunden zwischen 30 und 90 Minuten lang. Es war eine reine „Gebrauchszeit“, also eine Zeiteinteilung für den lichten Tag, an dem die Sonne über dem Horizont steht und das biologische Auge auch das Licht wahrnehmen konnte.

Diese Tagesteilung brachte mit sich, dass die Stunden des lichten Tages im Sommer länger waren als im Winter und umgekehrt. Die Stunden waren also im Verlaufe eines Jahres niemals gleichlang. Dieses Stundenmaß wurde bis zum Ende des Mittelalters benutzt, und solche Stunden wurden als Antike- oder Temporalstunden bezeichnet. Genau nach diesen Temporalstunden leben unsere tagaktiven Tiere; die Weißstörche gehören dazu. Die unterschiedlich langen lichten Tage im Laufe eines Jahres bestimmen ihren Lebensrhythmus. Die meisten tagaktiven Tiere begeben sich mit Eintritt der Abenddämmerung zur Ruhe und beginnen den Tag mit der Morgendämmerung. Sie kennen keine gleichlangen Stunden – die hore equales – wie wir sie auch erst seit Einführung der Schlaguhren im Spätmittelalter kennen. Bis dahin wurde der natürliche Tag, also die lichten Stunden, in die ungleichen
Stunden der Römer geteilt. Die Frühstücks- und Abendbrotzeiten verschoben sich daher durch das Jahr hindurch ständig wie bei den tagaktiven Tieren. Nur die Mittagszeit zur Kulmination der Sonne blieb stets gleich.

Auch die Klöster lebten noch lange nach 1500 nach diesen Temporalstunden, die aber nach ihren Gebetszeiten noch eine besondere Einteilung in die kanonischen Stunden besaß. Zur Zeitmessung diente ihnen die Gebetssäule als Schattenwerfer, als Sonnenuhr, die ihnen die Stunden zum Gebet wies. Die „Gebrauchsstunden für den lichten Tag“, an dem man also während der Morgen- und Abenddämmerungen noch etwas sehen und erkennen kann, finden wir noch heute in verschiedenen Jagdkalendern zum Büchsenlicht (ein Gebrauchslicht zum Schießen) wieder. Astronomische Kalender und bessere Jagdkalender geben auch die Sichtverhältnisse bei Mondlicht an, aber da Störchlis Tagzieher sind, ist eine Ausweitung dieses Themas hierzu nicht angezeigt.

Für die kleinen Storchenküken ist der Horizont zunächst der Horstrand. Erst wenn sie mit drei Wochen zu stehen beginnen, können sie über ihn hinausblicken. Ihr Horizont erweitert sich beachtlich und wenn sie erst einmal im Thermikflug in große Höhen aufsteigen können, erleben sie erstmals eine gewaltige Horizonterweiterung, die umso größer ist, je höher sie steigen. Ihnen tut sich ein gewaltiger Rundumblick auf, eine nahezu grenzenlose Welt, die von Horizont zu immer neuem Horizont reicht. Da das Gesichtsfeld der Störche durch die seitlich angesetzten Augen nahezu einen Rundumblick von 360 Grad ermöglicht, erleben sie den Horizont wie ein Totalpanorama. Es ist für sie gleichsam so als wenn der Mensch mit einem Ballon in die Höhe fährt.

Schon im Horst erleben die Küken, dass die Sonne am Osthorizont aufgeht, im Süden kulminiert und am Westhorizont wieder versinkt. Im Norden erblicken sie in unseren Breiten niemals die Sonne. Senkrecht über ihnen befindet sich der Zenit, dessen gedachte Linie ihren Horst und den Erdmittelpunkt senkrecht durchstößt und sich auf der Gegenseite des Erdballs im Nadir des Himmelsgewölbes verliert. Sie erleben auch in ihrer Wiege, dass die Sonnenaufgangspunkte und Sonnenuntergangspunkte am Horizont von Tag zu Tag wandern, bis zum 21.Juni nordwärts, danach wieder südwärts, und dass der Tagbogen der Sonne bei ihrer Nordwanderung höher und höher steigt und länger wird, um nach dem 21.Juni wieder nach Süden zu sinken und kürzer zu werden. Es ist der langsame aber stetige und unterschiedliche Wechsel von Tag und Nacht, auf den sie in ihrem Horst allein durch die Sonne geprägt werden; eine sehr frühe Prägung auf die verschiedenen Sonnenstände am Horizont.

Da Vögel aus dem breiten Spektrum des UV-Lichts, das noch breiter ist als das langwelligere für den Menschen sichbare Licht (EXTREM-UV, UV-C, UV-B, UV-A2/A1 von 10 – 400 nm, sichtbares Licht von 400 – 750 nm) auch Teile des ultravioletten Lichts wahrnehmen können, ist ihnen die Ortung der Sonne über dem Horizont auch bei bedecktem Himmel möglich, und die entsprechende Polarisation des Lichts liefert weitere Informationen zum Sonnenstand.

Welche Informationen das breite Band des UV-Lichts den UV-sensiblen Augen von Tieren zu geben vermag, liegt noch weitgehend im Dunkeln. Farbsehen ist schon bei Insekten ausgeprägt, die auch UV-Licht wahrnehmen können, wie z. B. die Biene, die den UV-Bereich von 300 nm bis 400 nm sieht, also den langwelligen Anteil von UV-B und das ganze UV-A Spektrum sowie den nahen Teil des Infrarots, den sie als Schwarz erkennt. Rote Blüten erscheinen für sie deshalb nur in Graustufen und eine dunkerote Rose sieht für sie schwarz aus. Sämereien, Blüten, Beeren und Steinfrüchte wie Schlehen oder Weintrauben u. a. fluoreszieren im UV-Licht durch ihre graue Wachsschicht, was Vögel anlockt und z. B. in die Weinberge zieht (Stare). Sie leuchten für sie förmlich.

Auch Mineralien und Gesteine fluoreszieren im UV-Licht, was Mineralogen und Geologen zur Gesteinsbestimmung ausnutzen. So kann man das Uranerz Pechblende an Tag- und Untertageaufschlüssen allein schon dadurch feststellen, indem man das Gestein der Felswand mit kräftigen UV-Strahlern anstrahlt. Die uranhaltige Pechblende fluoresziert dann und ist für das menschliche Auge sichtbar. Wie sich die Gebirgsstrukturen allerdings im UV-empfindlichen Auge eines Vogels darstellen, kann bislang noch nicht beantwortet werden.

UV-Licht macht man sich auch in der Sicherheitstechnik und Kriminalistik zu Nutze. Viele Wertpapiere, Geldscheine und Briefmarken enthalten Substanzen, die vom menschlichen Auge nicht wahrgenommen werden können. Durch Anregung mit UV-Licht (UV-Prüflampe kurzwellig 366 nm, langwellig 254 nm) beginnen diese Substanzen in einem langwelligeren Bereich des sichtbaren Lichts zu fluoreszieren und werden damit auch für das menschliche Auge sichtbar. Bei beiden Wellenlängen kommen andere Strukturen zur Darstellung – eine Echtheitsprüfung von Papieren.

Auf die Polarisation des Lichts und das nahe Infrarot als Informationsträger für das Vogelauge möchte ich hier verzichten, da sie das Thema sprengen würden. Es sei nur darauf hingewiesen, dass die Polarisation des Lichts im UV-Bereich besonders ausgeprägt ist und schon beim Insektenauge (z. B. Biene) wesentliche Informationen zur Raum-Zeitorientierung liefert. In unmittelbarer Nähe der Sonne ist das Licht z. B. noch nicht polarisiert. Östlich und westlich des Sonnenstandes am Horizont aber nimmt die Polarisation des Lichts ständig zu. Im Abstand von 90° von der Sonne beträgt die Polarisation ihres Lichts am Horizont bereits 70% und nimmt nach Norden hin weiterhin zu, weshalb im Norden ein blauer Himmel auf Digitalkameraaufnahmen satt blau erscheint.

Selbst bei bewölktem Himmel vermögen UV-sensible Augen noch die Polarisation des Lichts wahrzunehmen, was eine wesentliche Orientierungsinformation in Raum und Zeit liefert, da der Sonnenstand erkannt werden kann. Es gibt wenige Menschen, die auch polarisiertes Licht wahrzunehmen vermögen, das sogenannte HEIDINGERSCHE Phänomen, was als eine krankhafte, wohl angeborene Augenveräderung bewertet wird. Vielleicht aber handelt es sich hierbei auch um einen erhaltenen Rest der uralten Sehfähigkeit aus der phylogenetischen Entwicklung des Auges, als der frühe Mensch einst polarisiertes Licht zu erkennen vermochte.

Diese Beispiele mögen genügen um zu zeigen, was das breite UV-Spektrum den Augen unserer Tiere und Vögel sichtbar darzustellen und an Informationen zu liefern vermag, die dem menschlichen Auge schlichtweg verborgen bleiben. Man denke immer daran, dass Vögel „Augentiere“ sind! Wie die Farben der Welt in anderen Augen mit anderen spektralen Empfindlichkeiten aussehen mögen, kann man z. B. an Infrarot-Fotoaufnahmen oder Ultraviolettaufnahmen oder vermittels von Aufnahmen einer Multispektralkamera von Landschaften oder der Erde per Satellit nur erahnen. Archäologie und Geowissenschaften schöpfen daraus unermüdlich neue Erkenntnisse und lassen Strukturen erkennen, die weit unter der Erde verborgen sind. Nun, diese Beispiele mögen genügen um zu zeigen, wie unterschiedlich gestaltete Augen aus dem breiten elektromagnetischen Spektrum des Lichts Reize wahrzunehmen vermögen, die das menschliche Auge nicht erkennt. Die Welt unserer Tiere sieht in deren Augen wohl doch etwas anders aus als wir sie erblicken, und ihre Sinnesorgane vermögen Reize wahrzunehmen, die wir noch nicht einmal erahnen, da sind wir von Gott verlassen.

Weil unser Auge die UV-Strahlung nicht wahrnehmen kann, liegt darin eine große Gefahr für das menschliche Auge. Frühe Polarforscher kannten keine UV-strahlensichere Sonnenbrille, sondern hatten nur eindunkelnde Brillen, um die starke Reflexion des UV-reichen Sonnenlichts auf dem Polarschnee in seiner gleißenden und blendenden Wirkung abzuschwächen. Doch diese „Schutzbrillen“ ließen das UV-Licht ungehindert hindurch. Noch schlimmer: durch die dunklen Gläser wurde ihre Pupille erweitert, wie es im Dunkeln der Fall ist, und es trat noch mehr UV-Licht in ihr Auge ein und führte schließlich zur Zerstörung der Netzhaut. Sie erkrankten an der berüchtigten Schneeblindheit, die sie für den Rest ihres Lebens begleitete. Billige Sonnenbrillen sind solche, die zwar recht dunkel sind, aber UV-Licht nicht absorbieren, wie sie in den 50ger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch üblich waren.

Da UV-Licht kurzwelliger ist als das von uns wahrgenommene sichtbare Licht, vermag es wesentlich mehr Informationsinhalte zu transportieren und ein breites Spektrum sichtbar zu machen, das unseren Augen verborgen bleibt. Man denke nur daran, was die noch jenseits von UV-C liegende weiche und harte Röntgenstrahlung auf Röntgenfilmen alles zur Darstellung bringt, was von unserem Auge auch nicht mehr wahrgenommen werden kann! Es ist praktisch eine zweite Lichtwelt, die sich im UV-Bereich auftut. Man sollte sich immer vor Augen halten, dass Vögel „Augentiere“ sind. Wenn auch ihre Äuglein meist so unscheinbar klein erscheinen unter ihrem Federkleid – wer einmal einen Vogelschädel in der Hand hielt, wird erstaunt sein, dass ihre Augenhöhlen bis zu 40% ihres Schädelvolumens ausmachen.

Verbunden mit den Sonnenauf- bzw. -untergängen über dem Horizont ist das Zwielicht der Dämmerung, die den Tag von der Nacht scheidet. Diese Dämmerung dauert in den unterschiedlichen Breiten auch verschieden lang. So dauert die Dämmerung am Äquator das ganze Jahr über nur eine reichliche Stunde, erfolgt also sehr rasch, während sie in unseren Breiten nördlich von 50° fast zwei Stunden dauert, und die astronomische Dämmerung und die finstere Nacht zur Sommersonnenwende am 21.Juni schon gar nicht mehr auftritt. Am Nordpol herrscht dann Polartag. Es ist die Zeit der hellen Nächte in Mitteleuropa. Die Zeitdauer der Dämmerung, verbunden mit den Sonnenständen am Horizont, und die Länge des lichten Tages und der Nacht sind elementare Ereignisse, denen jedes Lebewesen ausgesetzt ist und zur Orientierung in Raum und Zeit verwendet, die schon der steinzeitliche Mensch erkannte und in seinen frühen beeindruckenden Wallanlagen und Megalithbauten anwendete, auch wenn er sich dabei oft recht schwer tat, wenn man die gewaltigen Monolithe betrachtet, die er dazu bewegt hat.

Die Störche und mit ihnen viele andere Vogelarten erfahren die Sonne und ihre tägliche Wanderung über den Horizont schon als sehr frühe Prägung in ihren Nestern und Horsten, die ihnen zeitlebens erhalten bleibt. Von ihrer Wiege bis in die ewigen Jagdgründe, den „Vogelhimmel“, in den die Seelchen der Vögel heimkehren wenn ihr Stündlein geschlagen hat, wird die Sonne ihr ständiger Begleiter sein.

Nun, die verschiedenen optischen Sinneswahrnehmungen der einzelnen Tierspezies stehen hier natürlich nur stellvertredend für andere Sinnesreizungen wie etwa Gehör, Geruch oder Vibrationen u. a. Auch hier ist das Spektrum der vom Tier wahrnehmbaren Reize deutlich von dem des Menschen verschieden. Erinnert sei an die Sonarorgane von Fledermäusen, Walen, Robben, Seehunden u. a., an unseren Haushund und auch an die Vögel, die akustische Signale bis weit in den hohen Ultraschallbereich bis zu 70 kHz wahrnehmen können. Das menschliche Ohr versagt spätestens bei Schallfrequenzen von ca. 18 kHz. Auch Infraschall unter 16 Hz vermögen Tierarten wahrzunehmen, ebenso auch langsame Vibrationen oder Druckschwankungen im Wasser, der Luft oder der Erde.

Geradezu phänomenal sind die Geruchsleistungen der Insekten, die über bestimmte Geruchsstoffe, die Pherhormone, ihre oft kilometerweit entfernten Geschlechtspartner finden oder anlocken. Da sich die von einem Insekt ausgesandten Duftstoffe auf einer kilometerlangen Luftstrecke enorm verdünnen und im Kubikmeter Luft davon nur noch wenige Moleküle vorhanden sein können, grenzen diese Geruchsleistungen geradezu an ein biochemisches und neurophysiologisches Wunder. Insektenspezifische Pherhormone sind daher auch hervorragend dazu geeignet, sie während der Schwärmzeit in damit präparierten Fallen selektiv zu fangen, ohne damit andere Insekten in die Fallen zu locken. Besonders die Forstwirtschaft praktiziert dies schon seit Jahren sehr erfolgreich.

Die bisherigen Ausführungen lassen wohl erkennen, dass nicht nur die Sonne allein mit ihrem Geleit unseren wandernden Tieren als einzige Informationsquelle auf ihren Zugwegen dient, sondern dass auch eine Vielzahl anderer Sinneswahrnehmungen und damit verbundener Informationen die Wanderungen unserer ziehenden Tiere bestimmen und lenken. Allbekannt ist z. B. die Wanderung der Lachse.

Wie unterschiedlich die Lichtverhältnisse in den verschiedenen Breiten und Klimazonen sind, zeigt ein Vergleich ihrer Jahreslichtstunden (nicht zu verwechseln mit der Sonnenscheindauer). Während bei 50°N/10°E das Jahr 4478 Tageslichtstunden aufweist, herrschen am Äquator bei 0°N/10°E gerade mal 4425 Tageslichtstunden und westlich des afrikanischen Kontinents bei 34°S/10°E nur noch 4421 Tageslichtstunden. Mitteleuropa bietet den Lebewesen, hier den Zugvögeln und Störchen, im Jahresverlauf also ganze 57 Tageslichtstunden mehr als die äquatorialen Breiten oder gar Südafrika. Das sind reichlich zwei Tage mehr, und daher ist Mitteleuropa für diese wandernden, lichtsuchenden Tiere ein besonders geeignetes Reproduktions- und Brutgebiert für lichtsuchende Lebewesen.

Würden unsere Störche theoretisch im Januar in Südafrika brüten, was klimatisch unserem Julimonat entspricht, so stünden ihnen dort für Monat Januar 438 Tageslichtstunden zur Verfügung, in Mitteleuropa hingegen im Juli 492 Tageslichtstunden, was ihnen hier 54 Stunden längere Futtersuche bei Tageslicht zur Aufzucht ihrer Jungen ermöglicht, zu einer Zeit also, in der der Futterbedarf besonders groß ist. Die rasch hereinbrechende Dämmerung der Tropen hingegen, die den Schatten der Erde über das Land legt, würde eine Futtersuche bis in die späten Abendstunden oder in den frühen Morgenstunden nicht mehr ermöglichen – ein nicht unbeachtlicher Aspekt im Leben so mancher Afrikazieher, der ihnen dort den lichten Tag verkürzt und die Chancen für ein erfolgreiches Brutaufkommen mindert.

Dennoch aber gibt es in Südafrika eine kleine Weißstorchpopulation, die dort brütet, wie schon angeführt, und mithin an diese dortigen Lichtverhältnisse angepasst ist. Sie ziehen zwar im Februar mit unseren europäischen Störchen auch nordwärts, aber nicht über den Äquator hinaus. Ihre innere Uhr, das „biologische Chronometer“, muss also bei ihnen im Vergleich zu der großen Masse unserer europäischen Süd-Nordzieher unter den Störchen völlig anders mit den Sonnenständen am Horizont synchronisiert sein. In ihrem Brut- und Zugverhalten erscheinen sie geradezu wie ein altafrikanisches Relikt unter den Störchen. Es ist wohl die älteste und damit urtümlichste Storchenpopulation und damit die biologisch interessanteste überhaupt.
Wer sie kennenlernen möchte, hier der Link dazu:
http://www.uct.ac.za//depts/stats/adu/wstork00.htm

Ost- und Westzieher unter den Störchen sind schon in ihren Horsten auf die unterschiedlichen Sonnenstände fixiert und geprägt worden. Während die mitteleuropäischen Ostzieher bei Beginn ihres Südzuges zunächst der aufgehenden Sonne über dem Südosthorizont zustreben und damit den Osten des afrikanischen Kontinents erreichen, versuchen die Westzieher der untergehenden Sonne am Südwesthorizont zu folgen und gelangen somit in den Westen des afrikanischen Kontinents zu ihren Winterquartieren. Zieht man aber die fernöstlichen Weißstörche im Osten Europas mit in diese Bilanz der Zugrichtung ein, so erweist sich, dass auch sie letzlich Westzieher sind, denn sie ziehen gleichfalls aus dem Osten Europas in südwestlicher Richtung nach Afrika, also der untergehenden Sonne hinterher.

Die Westzieher beenden ihre Reise im Westen der Sahelzone um Mauretanien. Hier hindern sie im Westen der Atlantik und im Süden die tropischen Regenwälder am Weiterflug, da es über ihnen keine Thermik gibt. Die Transäquatorialzieher hingegen, die man bevorzugt unter den Ostziehern findet, folgen dem südwärts wandernden Tagbogen der Sonne und ihrer Kulmination und ziehen weit über dessen südlichsten Stand hinaus. Sie überholen schließlich die Sonne an ihrem südlichsten Stand am 23.Dezember am Wendekreis des Steinbocks. Sie alle folgen der Sonne, wenn auch auf recht unterschiedlichen Wegen und Zugstraßen.

Bemerkenswert ist hierbei, dass die Ostzieher alle drei dieser Verhaltensweisen zeigen. Wärend der eine Teil der Ostzieher sich bereits am Golf von Suez nach Südwesten in den Tschad absetzt und dabei die gefährlichen Wüsten überfliegt, folgt der zweite Teil dem Niltalgraben nach Süden als Transäquatorialflieger und folgt den Kulminationen der Sonne. Der dritte Teil der Ostzieher hingegen verweilt in den nördlichen Savannen der Sahelzone. Vermutlich haben diese verschiedenen Zuggruppen von Störchen eine unterschiedliche Prägung auf die Sonnenstände erfahren, die einen auf den Sonnenaufgang, die anderen auf den Sonnenuntergang und die dritte Gruppe auf die Kulmination der Sonne im Tagbogen. Es muss bislang dahingestellt bleiben, ob diese Zugausrichtungen auf die Sonne durch Prägung im Horst und/oder durch Erbfaktoren bedingt ist. Für manche Zugvogelarten ist das ererbte Moment bereits nachgewiesen.

Doch in Dunkelheit liegt hier noch der Großteil unseres Wissens. Geschwisterbesenderungen unter den Störchen könnten hier so manche Erkenntnis liefern. Schließlich streichen die in den Savannen überwinternden Störche auch über Hunderte von Kilometern in Ost-Westrichtung über den afrikanischen Kontinent, der in den Savannen von etwa 47°E bis 16°W reicht, sich also über ganze 63 Längengrade erstreckt und damit Zeitdifferenzen von mehr als vier Stunden aufweist. Für die Westzieher geht damit die Sonne 2 bis 4 Stunden später auf als für die Ostzieher. Die nach Süden ziehenden Transäquatorialzieher liegen dazwischen.

Bei dieser Betrachtungsweise taucht dann schon die Frage auf, wie es ein so in Ost-Westrichtung herumstreichender Zugvogel wieder fertig bringt, auf Heimatkurs in seine Brutgebiete zu kommen, ohne das Geleit der Sonne zu haben. Die Wintersonnenwende um den 23. Dezember ist für sie alle das Signal zur bevorstehenden Rückkehr. Die wieder nordwärts wandernde Sonne, die uns im Herbst die Störchlis entführt hat, bringt uns vier bis sechs Wochen später bereits die ersten Westzieher in ihre Brutgebiete in Spanien zurück. Ihnen folgen kaum vier Wochen später auch die Ostzieher, womit der Jahreszyklus im Storchenjahr geschlossen ist. Europa hat seine Brutstörche zurück und damit auch so manchen Internet- und Videostar unter ihnen. Mit ihrem Nord- und Südzug verbinden sie den schwarzen mit dem weißen Kontinent und in ihrem schlichten schwarz-weißen Federkleid vereinen sie geradezu die Hautfarben dieser Kontinente. Ein wahrhafter Symbolvogel.

Ich möchte dieses Thema nicht verlassen, ohne auf die uralte kultische Beziehung des Menschen zur Sonne hingewiesen zu haben, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass der Mensch schon sehr früh in seiner Entwicklung die Sonne als Spender allen Lebens erkannt hat. Die Sonne als Geleit – nicht nur auf der Wanderung von Tieren, sondern auch durch das Kalenderjahr des Menschen, war natürlich auch schon den altsteinzeitlichen Menschen als Taktgeber der Jahreszeiten in ihrem Leben bestens bewusst und bekannt. Sie wussten, dass Werden und Vergehen, Blühen, Gedeihen, Frucht und Ernte auf diesem Globus den jahreszeitlichen Sonnenständen zu verdanken sind. In zahlreichen anderen alten Kulturen wie der der Babylonier, Ägypter, Inka, Maja und Indianer wurde die Sonne daher als eine Lebensspenderin und „Gottheit allen Lebens“ in zahlreichen Symbolen und Kulten verehrt.

Ihren Abschied zur Herbst-Tag- und Nachtgleiche bei ihrer Wanderung nach Süden feierten schon die alten Kelten und Germanen durch die Sonnenwendfeier im September zur Tag- und Nachtgleiche durch mächtige Sonnenwendfeuer in der steten Hoffnung und Erwartung auf ihre baldige Wiederkehr nach der Wintersonnenwende um den 22. Dezember auf ihren alten Kult- und Dingplätzen, den heiligen Hainen. Ursprünglich verband sich mit der Wintersonnenwende bei den Kelten und Germanen die Hoffnung auf die alsbaldige Rückkehr der Sonne in ihre Breitengrade als Zeichen der beginnenden Wiedererneuerung in der Natur, wo alles wieder zu grünen, sprießen und sich zu neuem Leben zu mehren beginnt, ein Zeitpunkt, der für eine Fruchtbarkeitssymbolik und für einen neu beginnenden Lebenszyklus in der Natur steht. Selbst die alten Sachsen verehrten die Sonne so sehr, dass sie ihr einen dreiachsigen Wagen mit einem Sonnenrad darauf in ihrem Sonnenkult schufen.

Die um 500 unserer Zeit einsetzende forcierte Zwangschristianisierung der Germanen- und Keltenstämme hat es vorzüglich verstanden, diesen alten Sonnen-Fruchtbarkeitskult der polytheistischen „Heiden“ für ihre Zwecke auszunutzen, um sie einer monotheistisch geprägten Kirche zu unterwerfen und damit für sie dienstbar und nutzbar zu machen. An die Stelle der Wintersonnenwendfeier als Fruchtbarkeitskult trat die Geburt Jesu Christi als ein neues Zeichen der ewigen Erneuerung im Jahreszyklus der Christenkirche. Empfangen von Jungfrau Maria am 08.Dezember (Maria Empfängnis), lag schon nach wenigen Tagen Schwangerschaft am Heiligen Abend das biologische Wunderkind in der Krippe zu Bethlehem bei den Schafen Josefs, ganz ohne Zeugungsvater Josef, den Zahlvater. Und Maria, noch immer Jungfrau (Jungfer) als Mutter mehrerer Kinder. Nun, solche biologischen Wunder der Erneuerung von Lebenszyklen mussten natürlich auch dem hartgesottensten Germanen, wenn auch erst nach Jahrhunderten und blutigsten Kämpfen (besser Morden) mit Karl dem Großen, dem Sachsenschlächter an der Aller, in die Knie zwingen!

Auf den alten heidnischen Hainen, den Sonnentempeln der Kelten und Germanen unter freiem Himmel, wurden schließlich die ersten hölzernen Kirchlein der Zwangschristianisierungswelle errichtet, natürlich streng monotheistisch ausgerichtet und später auch streng katholisch verwaltet. Und dort, wo auf solchen alten Sonnentempeln heute keine Kirche steht, dort wächst das Gras, der Wald, steht ein Feld oder ein Steinbau der Wohnungsbauexpansion. Seit der Zwangschristianisierung war die Papstkirche als „strahlende Sonne“ anzubeten und in gotteslästerlicher Weise mussten die alten Heiden Kruzifixe, Marienbilder, Reliquien und andere klerikale Symbole anbeten und der Papst ließ sich als Stellvertreter Gottes auf Erden von seinen Schäflein feiern, bis Luther durch die Kirchenreformation ein Reformandum erteilte, die Kirchenspaltung und die gotteslästerliche Götzenverehrung verdammte. Ein Abklatsch des ägyptischen Pharaonenkultes. Doch der alte Sonnenkult der Heiden, der die Sonne als Spenderin allen Lebens verehrte, war bis dahin schon lange vergessen.

Jedes Naturvolk, deren es heute nicht mehr viele gibt und die oft aus unserer zivilisatorischen Überheblichkeit heraus verächtlich als „Primitiv-Volk“ bezeichnet werden, hat eine gesündere Einstellung zur Natur und unseren Lebewesen als Schöpfung. Ihnen ist ganz offenbar noch bewusst, dass unsere Tiere Mitgeschöpfe Gottes sind, wie es auch schon der Steinzeitmensch und die nachfolgenden Hochkulturen wie Ägypter, Majas, Inkas oder auch die Sachsen erlebten. Diese beerdigten sogar ihre Tiere wie Hunde und Pferde als Achtung vor dem Schöpfer des Lebens, und gewisse Indianerstämme Nordamerikas verbeugten sich sogar vor einem Baum, bevor sie ihn fällten, als Achtung vor dem Leben und dem Schöpfer der Natur.

Im Unterschied zur Sonne vermochte die Papstkirche Tier und Pflanze und alles übrige Leben nicht in ihren Bann zu ziehen. Welch ein Glück für unsere Tiere und Störchlis, denen die katholische Kirche die Sonne als heidnischen Abgott nicht nehmen konnte! Lieber polytheistischer Heide als gottloser Kirchenanbeter. Wer an Gottes Natur glaubt, bedarf keiner Kirche zum Anbeten.
skippy

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DIE KONTURLINIE

Die Unterscheidung der Storchenindividuen eines Storchenpaares. WER ist WER?
Die Geschlechter beim Weißstorch besitzen in ihrem Habitus und schlichtem Federkleid keine signifikanten Merkmale, an denen sie unterschieden werden könnten, ganz im Unterschied zu zahlreichen anderen Vögeln, wo die Männchen meist ein buntes Federkleid tragen. Alljährlich herrscht über das Geschlecht des Erstankömmlings am Horst großes Rätselraten, wenn er nicht gerade beringt ist. Macht er einen großen kräftigen Eindruck und hat dazu noch einen großen Schnabel, wird er als männlich eingestuft, ganz nach der alten Mär, dass die Männchen zuerst am Horst erscheinen. Doch nur all zu oft ist es umgekehrt und die Weibchen erscheinen zuerst am Horst, und sie müssen nicht immer den kleineren Schnabel und kleineren Habitus besitzen, nämlich dann, wenn sie mit einem noch recht jungen Storchenhahn verpaart sind.

Um die Individuen eines Paares unterscheiden zu können, gibt es eine Unterscheidungshilfe: der Verlauf bzw. die Verlaufsform der Konturlinie zwischen dem weißen Deckgefieder und den schwarzen Schwingen am angelegten Flügel. Sie zeigt individuelle Ausprägung und oft auch markante Merkmale, an denen sich die Individuen eines Paares unterscheiden lassen. Allerdings bleibt die Form der Konturlinie über die Zeit nicht konstant, sondern verändert sich durch die Abnutzung der Federfahnen und durch den Mauserzyklus. Selbst an demselben Storch gleichen sich die Konturlinien des rechten und linken Flügels nicht vollständig.

Durch Vergleich der Konturlinien des einen Partners mit der Konturlinie des anderen Partners lassen sich die Individuen bestimmen und unterscheiden. Kann man beobachten (wie z. B. bei den Storchen-Cams), welches Individuum bei der Kopulation den Partner besteigt, so ist das (aber nicht immer!!) der Storchenhahn. Kann man beobachten, welcher der Partner das Ei legt, so ist damit hundertprozentig das Geschlecht bestimmt, und Storch und Störchin können nun an Hand ihrer Konturlinien auseinander gehalten werden.
skippy

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DIE ÄUSSERE BRUTPFLEGE

Keine Tierart unter den Wirbeltieren hat eine so ausgefeilte, raffinierte und perfekte äußere Brutpflege im Gefolge ihrer Evolution entwickelt wie die Vögel; so auch der Weißstorch. Als nach der letzten Eiszeit vor 12.000 Jahren die Berge als erstes wieder frei von Eis wurden und die zahlreichen Schmelzwässer der Gletscher niederen Lebewesen wieder Lebensraum boten, fanden sich auf dem gewachsenen Boden der Felsen auch wieder Nistplätze, u. a. auch für den Weißstorch, und in den Schmelzwässern und ihren Randgebieten von tundraartiger Beschaffenheit auch Nahrung. Eine gewaltige ökologische Nische öffnete sich im Norden und Süden des heutigen Deutschland. Die felsenbrütende Storchenpopulation, zurückgekehrt aus ihren Refugien in Afrika, wohin sie die letzte Eiszeit vertrieben hatte, war wieder präsent, brütend auf gewachsenem Boden, als Bodenbrüter auf Felsen, über den Schmelzwassern eine Tundra.

Als die Gletscher sich in wenigen Jahrtausenden weiter zurückgezogen hatten und das Land weiter freigaben, kehrten auch die ersten Pioniergehölze wie Birke und Kiefer, später Eiche, Buche, Linde u. a. aus ihren Refugien südöstlich und südwestlich der Alpen wieder nach Norden zurück. Von den Weißstörchen wurden nun auch diese Bäume als Horstplatz genutzt; die Nistmöglichkeiten erweiterten sich enorm in der neu zurückgewonnen ökologischen Niesche Mitteleuropas durch diese Rückkehr der Bäume, und neben der bodenbrütenden Storchenpopulation etablierte sich die baumbrütende Storchenpopulation.

Wie einst die Felsenbrüter auf gewachsenem Boden brüteten, gibt es auch heute noch vereinzelte Exemplare unter den Weißstörchen, die auf dem Erdboden ihren Horst errichten, wie einst vor 10.000 Jahren auf dem Fels. Aus der Literatur sind mehrere Fälle von solchen Bodenbrütern bekannt und sind unter dem Namen „Kartoffelstörche“ in die Fachliteratur eingegangen. Es sind die seltenen Bodenbrüter, praktisch ein Relikt der uralten Felsenbrüterpopulation, die buchstäblich auf dem Boden brütet. Die weitaus überwiegende Mehrzahl der ehemaligen Felsenbrüter finden wir heute auf den Ziegeldächern, Schornsteinen, Kirchen oder Strommasten, die sie im Zuge ihrer Kulturfolge als Ersatz für Felsen angenommen haben, womit sich der Weißstorch im Unterschied zum Schwarzstorch als sehr anpassungsfähiger Kulturfolger erweist.

Die ehemaligen Baumbrüter in Deutschland sind bei uns hingegen recht selten geworden. Mitteleuropas größte Baumbrüterkolonie auf Eichen finden wir mal gerade noch in der Marchau von Österreich und in der kleinen Kolonie Südafrikas. Brütende Störche auf Weichdächern wie Schilf oder Stroh könnte man allenfalls noch als Baumbrüter einstufen wegen des Bezugs zur biologischen Struktur der Horstunterlage aus organischem Material.

Bodenbrütende Störche als verhaltensgestört einzuschätzen ist auf Grund der evolutionären Entwicklung in der Wahl der zur Verfügung stehenden Horstplätze im Laufe der vergangenen 10.000 bis 12.000 Jahre sicher nicht richtig, sondern eher ein Hinweis und Zeichen auf ihre uralte Tradition in der Wahl der Horstplätze, heute aber eben ein Relikt, aus dem man die richtigen Schlussfolgerungen ziehen sollte, ohne einen solchen bodenbrütenden Storch mit dem abwertenden Attribut einer Verhaltensstörung zu versehen; Bodenbrut ist sicher die älteste Form des Brutgeschäftes unter den Vögeln in der Evolution, die lange vor der Wiederansiedlung der Bäume und damit dem Wiederentstehen der Baumbrüter erfolgte.

An dieser Stelle soll erklärt werden, was äußere Brutpflege bedeutet: Fische, Reptilien und Vögel reproduzieren ihren Nachwuchs durch Brut ihrer Gelege in der Außenwelt, also außerhalb ihres Mutterkörpers. Mit der Ablage eines Geleges, also dem Legen der Eier in ein Nest, das sich außerhalb des Mutterleibes befindet, wird das damit neu gezeugte Leben aus dem Mutterleib zur weiteren Entwicklung in die Aussenwelt transportiert. Die Schlupf- und Geburtsreife des Nachwuchses erfolgt somit außerhalb des Mutterleibes.

Die äußere Brutpflege beginnt mit dem Bau des Nestes und der Ablage des ersten Eies darin, mit gewissen Ausnahmen wie z. B. den maulbrütenden Fischen. Äußere Brutpflege ist sehr betreuungsaufwändig, besonders bei den Nesthockern wie dem Weißstorch. Das erfordert eine sehr hohe Entwicklungsstufe zur Durchführung dieser äußeren Brutpflegemaßnahmen, insbesondere auch Schutzmechanismen vor äußeren Feinden, die Horst, Gelege, Brut, Schlupf und Nestlinge bedrohen. Die Vögel sind darin die wahren Meister. Ihre dazu angelegten Nester und Horste für die spezifischen Brutzwecke sind wahre Kunstwerke.

Im Unterschied dazu muss ein Säugetier seine Nachkommen bis zur Geburtsreife im Mutterleib austragen. Eine äußere Brutpflege bis zur Geburt der Jungen außerhalb des Mutterleibes aus dem Ei und der Eischale ist also hier nicht in einer solch umfangreichen Weise üblich. Auch die Futterbeschaffung für den Nachwuchs ist hier unproblematischer gelöst, denn die Nachkommen von Säugern werden zunächst gesäugt, die mütterliche Brust steht sofort nach der Geburt zur Verfügung, und damit sind sie nicht unmittelbar von den momentan vorhandenen oder nicht vorhandenen Nahrungsressourcen ihres Biotops abhängig. Eine im Vergleich zu den Vögeln recht rationelle Bereitstellung des Futters für den Nachwuchs. Auch wenn das Muttertier einmal kein Futter finden sollte, steht dem Nachwuchs immer noch das Gesäuge zur Verfügung; die Nestlinge unter den Vögeln aber müssten dann hungern.

In der aufwändigen äußeren Brutpflege haben sich die Vögel unter den Wirbeltieren als die anpassungsfähigsten erwiesen, so auch der Weißstorch, sonst hätte er kaum als Großvogel die vergangenen 80 bis 100 Millionen Jahre seiner Existenz überdauert. Vögel haben sich nicht nur den Luftraum erobert, sondern wir finden sie auch zu Wasser, zu Lande, unter dem Wasser und auch unter der Erde wie z. B. den Eisvogel.

Im wahrsten Sinne urtümlich ist ihr Nestbautrieb. Bei vielen unserer Haushuhnrassen ist der Nestbautrieb trotz jahrhundertelanger Züchtung immer noch gut erhalten. In naturnaher und artspezifischer Haltung neigen selbst die Legehühner immer noch dazu, ihre eigenen Nester zu bauen und ihre Eier dort abzulegen statt die angebotenen Kunstnester anzunehmen. Jedem Geflügelhalter bekannt unter dem Begriff des „Verlegens“ der Eier. In einem solchen Nest kann man dann nach mehreren Tagen gleich mehrere Eier vorfinden, eben das Gelege der Legehenne. Belässt man die Eier im eigenen erbauten Nest, beginnen die Hühner zu brüten, was für Legehühner unerwünscht ist. Entfernt man sie aber regelmäßig, so wird emsig weitergelegt.

Das Entfernen der Eier führt zu einer ständigen hormonellen Stimulation für die Ablage eines neuen Eies, eben dem Nachgelege. Um das Verlegen der Eier zu vermeiden, bekommen die Hühner ein Kunstnest angeboten, und damit sie dieses auch tatsächlich annehmen, werden sie dazu mit menschlicher List durch ein Kunstei aus Gips, Ton oder Porzellan verführt. Das Kunstei verführt sie tatsächlich dazu, ihre Eier gleichfalls dorthin zu legen. Es wirkt also als zusätzlicher Stimulus, der den Ort der Eiablage schließlich festlegt und ein Verlegen verhindert.

Allerdings ist der Legezyklus gerade bei Legehühnern sehr stark vom Tageslichtzyklus abhängig. Erst das Licht ist es, was die hormonelle Stimulationskette auslöst, weshalb Legehühner z. B. in den „Hühner-KZ“ für ihre Legeleistungen durch künstliche Lichtprogramme als Ersatz für die Sonne stimuliert werden. Viele dieser armseligen Kreaturen haben in ihrem kurzen Leben nie das Licht der Sonne erblickt.

Ähnlich liegen die biologischen Verhältnisse auch bei einem z. B. bodenbrütenden Weißstorch, der je nach Geschlecht durch ein im Bodenhorst befindliches Ei/Kunstei oder z. B. ein Gänseei, das in Form, Farbe, Größe und Gewicht etwa dem eines Storcheneies gleicht, zu brüten beginnt und dazu seine eigenen Eier legt. Die hormonell stimulierende Wirkung eines Gänseeies in seinem Horst zum Legen und Brüten ist allenfalls gegeben. Eine uralte Geschichte, die der Mensch sich bei Hühnern als älteste bekannte Geflügelrasse schon zur Jungsteinzeit und Bronzezeit empirisch zu Nutze machte.

Den angeborenen und hormonell stimulierten Trieb vieler Vögel zu einem Nachgelege bei Entfernung der Eier aus dem Nest nutzt der Mensch heute bei Legehennen zur Massenproduktion von Hühnereiern in sogenannten Legebatterien. Es ist also ein äußerer Reiz, nämlich das immer wieder entfernte und damit fehlende, gelegte Ei im Nest, das zur hormonellen Stimulation und damit zur Ablage eines neuen Eies führt.

Auch unter Säugern und dem Menschen existieren solche analogen, durch äußere Reize ausgelöste hormonelle Mechanismen, wie z. B. bei der Milchkuh. War sie einmal trächtig und hat erfolgreich gekalbt, kommt ihr Milchfluss in Gang. Noch bevor das Kalb vom Säugen entwöhnt wird und zur gewohnten Wiederkäuernahrung überwechselt, wird die abgekalbte Kuh nun weiter dem Saugreiz eines Kalbes an ihren Zitzen ausgesetzt, jetzt nämlich durch das Melken, auf dass sie regelmäßig Milch gibt.

Auch vom Menschen ist dieses Prinzip der Milchgewinnung bekannt, nämlich durch die Ammen. Fürstenhäuser und gut betuchte Bürger konnten sie sich leisten und ihre Kinder durch die Milch einer Amme aufziehen lassen, was die hochwertigste Säuglingsnahrung darstellt. Voraussetzung einer Amme war natürlich, dass sie selbst schon einmal niedergekommen war und ihr Kind säugte. War es abgestillt, konnte sie ihre Brust Fremdkindern gegen Bezahlung zur Verfügung stellen. Solange eine Amme ein Kind säugte, war sie aus hormonellen Gründen nicht empfängnisfähig, was sie oft in Verruf brachte.

Die Ammenwirtschaft mag als ein Beispiel der „äußeren Brutpflege“ beim Menschen gelten, wo Mütter aus gleich welchen Gründen nicht stillen konnten oder wollten. Heutzutage ist Stillen weitgehend durch eine negative Massenwerbung zu Gunsten der industriellen Säuglingsnahrung abgelöst. Ammen sind zu einem Fremdwort geworden und können sich nur noch von den besser Betuchten, meist bei Gedeihstörungen des Nachwuchses und dringendem Nachwuchswunsch, gehalten werden. Muttermilchsammelstellen gibt es aber noch gelegentlich. Als hervorragende Ersatzmilch für den menschlichen Säugling wurde gelegentlich Primatenmilch verwendet. Doch diese brauchen ihre Milch wohl heutzutage selbst für ihren dezimierten Nachwuchs.

Auch den Storch kann man vermittels von Gipseiern überlisten, indem man ihm für jedes gelegte Ei ein Gipsei unterschiebt, das von ihm gelegte Ei entnimmt und von einer Brutmaschine erbrüten lässt oder eben z. B. brütenden Gänsen unterschiebt für – Zuchtstörche.

Die Farbe Weiß stellt für Störche offenbar eine Signalfarbe dar, denn durch Bekalken eines neu errichteten Kunsthorstes lässt sich die Annahme dieses Horstes für Weißstörche erleichtern. Die Bekalkung gaukelt dabei einen alten belegten Horst vor. Dieses Verhalten der Störche sind uralte angelegte und angeborene Verhaltensmuster, die zu ihrem ausgefeilten Repertoire ihrer äußeren Brutpflege gehören und haben nichts mit Verhaltensstörungen zu tun.

Selbst bei den besten Legehühnern treten über das Jahr aus Regenerationsgründen Legepausen ein, und schließlich lässt sich bei keinem Vogel die Eiproduktion ins Endlose fortführen, da ihr Eierstock nur eine begrenzte Anzahl an Follikeln enthält. Ganz abgesehen davon, dass solcherart gelegte Eier fast alle unbefruchtet sind und damit nicht mehr im Dienste der Artenreproduktion stehen.

Eine besondere Form in der äußeren Brutpflege der Vögel ist der Brutparasitismus, der in seiner einfachsten Form etwa darin besteht, dass eine Vogelart die Nester einer anderen Art okkupiert, wie es etwa der Sperling mit den Schwalbennestern praktiziert. Das Gelege wird hierbei stets noch selbst erbrütet und die Jungen auch selbst aufgezogen. Wenn Sperling oder Star sich als Untermieter in einem Storchenhorst einnisten, kann man darin bereits die Anfänge eines Brutparasitismus erkennen, denn das Horstmaterial wurde vom Storch bereitgestellt.

Wenn ein bodenbrütender Storch während der Brutzeit auf seinen eigens erbauten Bodenhorst ein fremdes Ei, z. B. von einer Pommerngans, gelegt bekommt oder ein Gipsei, so wird er dadurch stimuliert und beginnt zu legen und/oder zu brüten, je nach Geschlecht des Storches. Die Pommerngans betreibt hier bereits erweiterten Brutparasitismus, indem sie den Storchenhorst okkupiert und zur Eiablage verwendet und sich ihr Gelege vom Storch auch ausbrüten lässt.

Bislang waren gerade Pommerngänse dafür bekannt, dass sie ihre Nester stets selbst bauten im Unterschied zu anderen Zuchtgänserassen. Da Größe, Form und Farbe des Gänseeies fast dem des Storcheneies entsprechen und die Brutdauer für das Gänseei mit 30 bis 32 Tagen auch nahezu dem des Weißstorches entspricht, ist das Brutschmarotzertum der Pommerngans als Bodenbrüter perfekt. Der Storch kann so gut wie nicht unterscheiden, ob er sein eigenes Ei bebrütert oder ein „Kuckucksei“. Hier zeigt sich also ein Wandel im bisherigen Brutverhalten der Pommerngans.

Die große Überraschung für den Storch und die Pommerngansküken aber kommt erst beim Schlupf, denn die Gänseküken sind im Unterschied zum Storch nicht Nesthocker sondern Nestflüchter, verlassen sofort ihren Bodenhorst und werden von der Pommerngans geführt und nicht im Horst gefüttert wie die Störche. Der Weißstorch, der Pommerngänse erbrütet, folgt aber seinem Bruttrieb und dem anschließenden Hudertrieb, ist also ständig bemüht, die Schar junger Gänschen in seinem Horst zu hudern, also unter seinen Fittichen zu halten, damit sie ja nicht das Nest verlassen können. Er behandelt sie jetzt wie Nachkommen seiner Art, nämlich als Störche und Nesthocker. Und hier tut sich der biologische Konflikt zwischen einem Brutwirt als Nesthocker und den Nachkommen von Brutschmarotzern als Nestflüchter auf. Wird also der Weißstorch dann vor einer Schar Junggänse daherstolzieren, die ihm aus dem Horst davonlaufen, und die Gänseküken führen oder wird er Futter in das verlassene Nest bringen für die Gras- und Weichfutterfresser? Wie wird sein instinktiver Hudertrieb diesen Konflikt lösen?

Und auch auf die Prägung der Junggänse darf man hier gespannt sein. Werden sie künftig die Pommerngänse als ihre Artgenossen erkennen, von der sie nicht erbrütet wurden und die sie beim Schlupf nicht erblickten oder hörten, oder hat der lange spitze rote Schnabel des Storches sie gar auf ihn geprägt, der sie nie gefüttert hat? Eine bizarre biologische Konstellation mit fragwürdigem Ausgang. Von Gänsen ist seit den Studien von Konrad LORENZ allgemein bekannt, dass sie unmittelbar nach dem Schlupf auf jene Lebewesen oder auch tote Objekte geprägt werden, von denen sie Laut- und Sichtkontakte aufnehmen können. Wird das Geklapper des Storches sie also auf ihn prägen, dessen Nahrungsspektrum für sie biologisch aber völlig ungeeignet und fremd ist und sie verhungern lässt, oder werden sie gar als schutzlose Nestflüchter, die nicht von einer Altgans geführt werden, alsbaldiges Opfer ihrer zahlreichen biologischen Feinde?

Von unserem heimischen Kuckuck als Brutschmarotzer ist bekannt, dass er von seinen Wirtseltern erbrütet, aufgezogen und geprägt wird. Sein später als von den Wirtseltern gelegtes und in das Nest geschmuggeltes Ei wird stets eher schlupfreif als die Eier seiner Wirtseltern. Nach dem Schlupf wirft der Jungkuckuck die Eier seiner Wirtseltern aus deren Nest und genießt als gefräßiger Einzelnestling seine hohen Aufwuchschancen ganz allein im Nest. Außerdem gleicht das Kuckucksei in Färbung und Musterung den Eiern seiner Wirtseltern, ein Phänomen, was bislang biologisch noch nicht befriedigend geklärt ist.

Damit hat sich der Kuckuck einen festen Platz für sein Ei im Nest der Wirtseltern gesichert, so dass es nicht hinausgeworfen wird. Die Farb- und Musteranpassung des Kuckuckseies soll nach bisherigen Erkenntnissen von der Art des Futterangebotes seiner Wirtseltern herrühren, das er als Nestling von ihnen erhalten hat, und als geschlechtsreifer Kuckuck sucht er sich als Wirt wieder ein Nest jener Vogelart, die ihn großgezogen hat und auf die er von ihnen geprägt wurde. Das perfekte System eines Brutschmarotzertums, in dem Nachwuchs ohne eigenes Nest, eigene Brut, Fütterung , Aufzucht und Prägung heranwächst. Und obwohl Kuckucke stets einzeln in einem Nest ihrer Wirtseltern aufwachsen und auf sie geprägt sind, erkennen sie zum Zeitpunkt der Geschlechtsreife zum Zweck der Paarung ihren Geschlechtspartner problemlos.

So paradox es klingen mag, aber der ärgste biologische Feind der Weißstörche sind seine Artgenossen, noch vor den Krähen und ggf. den Greifen. Eine wichtige Aufgabe in der äußeren Brutpflege nehmen daher die Verteidigung und der Schutz von Horst, Gelege und Nestlingen gegen seine Artgenossen ein. Es gibt während der Brut keinen größeren Feind als seine eigenen Artgenossen, die durch agressive Angriffe auf das Zielobjekt Horst weder brütenden Altvogel, Gelege noch Nestlinge schonen.

Hierbei kann man zwei Arten von Agressionen unterscheiden, die stets zu den bekannt-berüchtigten Storchen-Kämpfen führen. Einmal die von umherstreifenden und noch nicht voll geschlechtsreifen Jungstörchen im Alter von 2 bis 4 Jahren, die noch ohne Horst und Partner sind, die typischen „Halbstarken“, bekannt als STÖRER. Hier liegt der Gedanke sehr nahe, dass es sich oft um die Nachkommen derjenigen Eltern handelt, die die Horstbesitzer sind, und diese Jungstörche daher gleichfalls eine Horstbindung an diesen Horst besitzen, in dem sie erbrütet wurden und die ihnen während der Brut und Nestlingsaufzucht geprägt wurde (elektromagnetisches System des Magnetits).

Die andere Art von Agression geht von spätrückkehrenden Altstörchen aus, die sich gegen die Horstbesetzer ihres angestammten Horstes richtet, also gegen Fremdstörche des Horstes. Meist sind diese Horstbesetzer Nichtzieher oder nur „Kurzstreckenzieher“, die besonders unter den Westziehern verbreitet sind, aber auch unter den Ostziehern nicht fehlen. Da die Nicht- oder Kurzstreckenzieher stets vor den bis Südafrika ziehenden Langstreckenziehern in den Horstrevieren erscheinen, besetzen sie dort deren Horste. Hier versuchen dann die später zurückkehrenden Altbesitzer der Horste auf Grund ihrer Horstbindung ihren Horst natürlich auch wieder zurückzuerobern, nicht ohne dass dabei die Fetzen fliegen und Blut fließt. Bereits vorhandene Gelege oder Nestlinge der Horstbesetzer sind dabei in aller Regel verloren.

Ziel der Storchenkämpfe ist in jedem Fall die Eroberung (durch horstlose Jungstörche) bzw. Rückeroberung (durch Altstörche als Horstbesitzer) des Horstes, was auch zu nächtlicher Stunde und gleich mit mehreren Angriffen pro Tag erfolgen kann, selbst dann, wenn in der Umgebung auch genügend freie Horstplätze als Alternative vorhanden sind oder Kunsthorste angeboten werden. Gerade dieses eigenwillige Verhalten der Weißstörche zur Horstannahme spricht für die enorme Horstbindung nicht nur unter den Altstörchen, sondern bereits auch unter den Jungstörchen, den Störern, die ja durch die einst dort erfolgte Ablage als Ei, ihre dortige Erbrütung und ihren dortigen Schlupf im ortsgebundenem Horst und ihre dortige Aufzucht eine deutliche elektomagnetische/geomagnetische Ortsprägung erfahren haben. Storchenkämpfe dauern bis in den Sommer hinein an und auf sie geht ein Gutteil der Gelege- und Nestlingsverluste zurück.

Storchenkämpfe um den Horst sind Bestandteil der äußeren Brutpflege, denn fertige Horste sind immer gefragt; sie sind der direkte Vermittler zur Reproduktion in der äußeren Brutpflege, nicht nur bei den Störchen, sondern auch bei anderen Großvögeln. Ein Eingreifen in die Storchenkämpfe ist keinesfalls opportun, wie es gelegentlich in wohlmeinender Absicht und gar mit dem Horst-Gewehr bei Fuß geäußert wird, da sie vor allem dazu dienen, die Storchendichte und Bestandspopulation an den Biotop mit seinen begrenzten Nahrungsreserven anzupassen und zu regulieren. Hier sollte Natur auch wirklich Natur bleiben und Storch auch Storch sein können, ohne Horstfummeleien, auch wenn es Manchem nicht in sein das Tier vermenschlichendes Moraldenken hineinpasst. Niemand kann besser die Storchendichte an einen vorhandenen Nahrungsbiotop anpassen als der Storch selbst. Das hat er seit Jahrmillionen bewiesen.

Verletzte und ergriffene Störche hingegen sollten selbverständlich in eine Storchenauffangstation zur Genesung und Gesundung gegeben werden, um sie wieder auswildern bzw. der Natur zurückgeben zu können, wo der Storch wieder Storch sein kann. Dass dies nicht immer gelingt, liegt in der Natur der Sache und der Verletzungen. Für nicht mehr auswilderungsfähige Störche stellen Storchenhöfe und Zoos eine für sie stets sorgende Bleibe. Auf diese Weise integriert sich Natur-, Arten- und Tierschutz.

Weißstörche sind von Haus aus ein friedliches Völkchen, solange sie in ihrer Horstbindung nicht gestört werden, weshalb sie auch ohne weiteres in Kolonien brüten können, ohne dass es dabei untereinander zu ernsthafteren Agressionen kommt. Heutzutage sind überwiegend die auf Hartdächern brütenden Kolonien als Relikte der einstigen Felsenbrüter bekannt. Sie benutzen die Dächer praktisch als Ersatz für Felsen. Selten geworden sind hingegen die baumbrütenden Kolonien wie auf den Eichen in den Marchauen Österreichs. Brutkolonien bieten optimalen Schutz gegen biologische Feinde, sowohl für die Brut als auch für die Aufzucht der Jungen, da in Kolonien biologische Feinde wenig Chancen haben.

Einzelhorste sind ungleich mehr gefährdet. Besonders die Störer, geschlechtsreif gewordene Jungstörche im Alter von 3 – 5 Jahren ohne Partner und Horst, sind eine ernste Gefahr für Einzelhorste. Als Halbwüchsige, gleichsam „Halbstarke“, versuchen sie während der Brutzeit Horste zu erobern, statt selbst zu erbauen. Fast regelmäßig geht dabei das Gelege der Altstörche zugrunde. Das erfolgt dadurch, dass der brütende Horstbesitzer in den Storchenkampf involviert wird, und ist sein Partner nicht zugegen weil er auf Futtersuche ist, muss er das Gelege oft mehrmals für längere Zeit verlassen, wobei die Eier unterkühlen und der Embryo abstirbt. Gelingt es dem Störer an das Gelege zu gelangen, so wird dieses mit den Füßen oder Schnabel über den Horstrand befördert.

Mit beiden Taktiken hat der Störer die Vernichtung des Geleges erreicht.
Gegen Störer ist der allein am Horst anwesende und brütende Storch so gut wie machtlos, da er stets dazu gezwungen wird, das Gelege zum Zweck der Verteidigung zu verlassen und es somit der Zerstörung oder Unterkühlung preisgeben muss.

Man kann diese Aktionen der Störer dahingehend interpretieren, dass die jüngere Generation die Ältere im Reproduktionsprozess zu verdrängen sucht und damit für die Auffrischung des Gen-Pools sorgt. Storchenkämpfe durch jugendliche Störer stellen in der Reproduktionsbiologie des Weißstorches ein positives Ausleseprinzip sicher, indem überalterte schwache Storchenpaare von ihrer weiteren Reproduktion ausgeschlossen werden und durch „frisches Blut“, sprich Gene, ersetzt werden. Wer seinen Horst nicht mehr so zu verteidigen vermag, dass das Gelege dabei intakt bleibt, ist in der Reproduktionsbiologie für seine Nachkommen auf der Verliererseite.

Einzelhorste werden auch gern von den nichtziehenden Überwinterern belegt, wo sie ihr Gelege ablegen und bebrüten. Kommt der Horsteigentümer aus dem fernen Süden zurück, werden diese Horstbesetzer meist erfolgreich vertrieben und ihr Gelege zerstört. Nicht selten gerät dabei die vertriebene Störchin in Legenot, da sie die heranreifenden Eier nicht mehr im besetzten Horst ablegen kann. Diese Eier werden dann in einem improvisierten Nest, meist einer flachen Erdmulde, abgelegt und auch bebrütet. Als Beispiel seien die aus der Fachliteratur bekannten „Kartoffelstörche“ angeführt, die ihr Ei in eine Erdmulde eines Kartoffelfeldes ablegten, mit Kartoffeln umgaben und bebrüteten. Wahrscheinlich wird bei Legenot ein uralter Instinkt aus den entwicklungsgeschichtlich alten Zeiten der Bodenhorste wach, der Urform von Eier legenden Landlebewesen.

Ein entscheidendes Problem bei der äußeren Brutpflege ist die Bereitstellung und Konstanthaltung der erforderlichen Brutwärme. Dabei haben die nicht selbst brütenden Vögel die raffiniertesten Mechanismen entwickelt und teilweise von den entwicklungsgeschichtlich älteren Reptilien übernommen, die noch heute bei unseren Vögeln im Brutgeschehen als Relikte fortwirken.

Der zu den Großfußhühnern gehörende australische Taubenwallnister brütet unter den Vögeln noch nicht selbst. Um sein Gelege auszubrüten und die nötige Wärme dazu zu erzeugen, scharren sie im australischen Winter (Mai – August) auf einer sonnigen Stelle ein etwa 50 cm tiefes Erdloch, das wallartig mit der ausgescharrten Erde umgeben ist. Das Erdloch füllen sie mit Blättern und Pflanzenteilen an, die durch die Regenfälle des Winters durch Gärung und Fäulnis zu verrotten beginnen. Vier bis fünf Monate später kehrt die Henne an den Bodenhorst zurück, bedeckt das Nest mit Zweigen und Pflanzenmaterial und beginnt im Abstand von Tagen darin ihre Eier abzulegen, wozu das Nest bei jeder Ablage jeweils wieder geöffnet wird. Infolge der Gärung und Fäulnis sowie durch thermophile Bakterien entsteht durch den Zersetzungsprozess des organischen Materials Wärme mit Temperaturen von 33°C +/-1°C, ähnlich wie in einem Komposthaufen. Und obwohl die Temperaturen zwischen Tag und Nacht zwischen +44°C und –8°C schwanken, vermögen diese Vögel durch Sondieren mit dem Schnabel im Nest die absolute Temperatur darin zu ermitteln und durch Auf- oder Abdecken des Nestes die Bruttemperatur auf 33°C +/-1°C konstant zu halten, weshalb sie auch als „Thermometervögel“ oder „Thermometerhuhn“ bezeichnet werden.

Bei den Krokodilen schwankt die Bruttemperatur im Vergleich in einem Bereich von mehr als 6°C. Die dadurch bedingten verschiedenen Bruttemperaturbereiche bei den Krokodilen bestimmen dabei das entstehende Geschlecht, woraus die enorme Wichtigkeit der Bruttemperatur für den Reproduktionsprozess bei den Krokodilen deutlich wird. Bei den weiterentwickelten Aves hingegen ist eine konstante Bruttemperatur erforderlich – die Isothermie im Brutgeschäft.

Bei vielen unserer Vogelarten hat sich dieses thermische Prinzip zur Gewinnung von äußerer Brutwärme, wie es bei den „Thermometerhühnern“ existiert, noch heute als Relikt in ihren Nestern durch Eintrag von organischem Polstermaterial wie Moos, Gras, Federn usw. erhalten, so auch beim Weißstorch. Stets wird die verrottende Nestauspolsterung des Horstes durch Neueintrag von Polstermaterial ergänzt, so dass die verrottende Polsterschicht im Horst während der Brutperiode ständig ergänzt wird und durch Gärung und Fäulnis durch Bakterien zusätzliche Unterboden-, also Horstbodenwärme liefert. Durch Stochern mit dem Schnabel wird diese Schicht belüftet und der durch thermophile und aerobe Bakterien ausgelöste Prozess der exothermen Wärmeproduktion damit in Gang gehalten.

Natürlich genügt die auf diese Weise im Horstboden erzeugte Temperatur durch Verrottung organischen Materials bei weitem nicht, um die erforderliche Brutwärme zu erzeugen, wie es bei primitiveren Lebewesen der Fall ist. Die meisten unserer Vögel bilden daher auf der Brust- und Bauchseite zur zusätzlichen Wärmeübertragung auf das Gelege einen Brutfleck aus, der zur Brutzeit durch Gefiederarmut und besonders starke Durchblutung eine optimale Übertragung der dadurch erzeugten Brutwärme auf die Eier ermöglicht.

Die Nestauspolsterung bei den Störchen liefert hier von unten her nur noch einen bescheidenen Anteil zur Brutwärme und verhindert vor allem ein zu starkes Temperaturgefälle von der Eiunter- zur Eioberseite. Der Horstboden hat also hier durch seinen wärmeliefernden Verrottungsprozess vordergründig nur noch eine wärmeisolierende Funktion, die der Warmhaltung des Geleges dient, die aber sehr wichtig ist. Die Eier werden daher auch ständig gewendet, damit sie von allen Seiten gleichmäßig erwärmt werden und der Embryo nicht an der Eischale festklebt. Aus diesen Gegebenheiten heraus sollte man schließlich auch erkennen, dass der Horst mit seinem Boden einen wesentlichen Faktor für die Brut darstellt und damit auch das Brutaufkommen mitbestimmt.

Storchenhorste, die über längere Zeit nicht belegt werden, beginnen zu vergrasen, durch Windanflug der Samen und den Storchenkot. Sie drainieren sich in aller Regel selbst, da das gewachsene organische Pflanzenmaterial verrottet und wasserdurchlässig ist im Unterschied zu eingetragenem Plastik-Zivilisationsmüll.

Ein funktionierender Horstboden ist nur dann gegeben, wenn er nicht zu Staunässe führt, also gut drainiert ist, denn sonst funktioniert er nicht als Wärmeproduzent für das Gelege, sondern gleicht einem Kühlaggregat; oder der Horst säuft gar ab, was immer öfter durch Eintrag von Zivilisationsmüll aus nicht verrottender Plastik als Polstermaterial geschieht und man nahezu alljährlich beobachten kann. Neuerdings dient ja Plastikmüll von Mülldeponien auch schon als „Nestlingsfutter“, wie kürzlich eine Obduktion eines verendeten Weißstorchnestlings ergab. Begünstigt wird das dadurch, dass die Schichten der Müllschüttungen auf den Mülldeponien nicht rechtzeitig mit Erdreich abgedeckt und festgewalzt werden und damit der Müll für die Störche zugänglich wird.

Wie der Brutfleck, so ist auch ein gut funktionierender Horstboden also ein wichtiger Bestandteil der äußeren Brutpflege. Brutfleck und thermische Reaktionsfähigkeit der Horstauspolsterung bilden eine funktionelle Einheit. Wird sie gestört, etwa durch Durchnässung oder gar Absaufen des Horstes infolge mangelnder Drainage durch Plastikmülleintrag oder andere ähnlich wasserhaltende Materialien, trittt in den Eiern des Geleges Embryonaltod durch Unterkühlung und Erstickung ein, denn das im Wasser des abgesoffenen Horstes liegende Ei kann nicht mehr atmen und unterkühlt rasch. Die Altstörche aber bemerken nicht, dass sie auf abgestorbenen Eiern sitzen, und brüten auf ihrem toten Gelege weit über die doppelte Brutzeit hinaus weiter, immer in Erwartung des Schlupfes eines Kükens. Sie werden zu Langzeit- oder Dauerbrütern; Brütern und Hütern auf längst verlorenem Posten.

Der Storch kann auch in Trockengebieten existieren, wenn er dort genügend Nahrung findet, wie z. B. in Spanien, aber dort existiert ein gänzlich anderes Nahrungsangebot und Beutetierspektrum als in unseren deutschen Landen. Und da der Weißstorch sehr anpassungsfähig ist, kann er auch im schönsten afrikanischen Schnee überwintern, sofern er dort nur genügend Nahrung im Winter findet. Es gibt unter den Weißstörchen Südzieher nach Afrika, die beileibe nicht in den warmen Savannen des afrikanischen Sommers überwintern, sondern es vorziehen, in den schneebedeckten Bergen eines 3000 m hoch gelegenen Hochplateaus in Lesotho zu überwintern, nur weil sich dort in den Uferbereichen der Flüsschen und Bäche massenhaft Frösche finden lassen.

Das mag als Beispiel genügen, wie wichtig die natürlichen, ich betone natürlichen! Nahrungsvorkommen des Storches für die Wahl seines Brutrevieres, die Stärke seiner flüggen Jungvögel und die Wahl seines Überwinterungsgebietes sind. Schnee und Kälte, Trockenheit und Feuchtgebiete sind für ihn kein Hindernis, um diese aufzusuchen, sofern es dort nur genügend Nahrung gibt. In Mitteleuropa gibt es im Winter aber keine Frösche, und bei längerer Trockenheit nur versiegende Nahrungsquellen, so dass der Storch in unseren Breiten seit Jahrhunderten bei der Futtersuche auf die beständigen Feuchtgebiete angewiesen ist, die wir ihm aber schlichtweg gestohlen und zerstört haben wie den Indianern ihr Land. Frei wie ein Vogel soll ihr Leben sein und bleiben, auf dass sie als unsere Mitgeschöpfe davor bewahrt werden, wie einst die Indianer, in Reservaten leben zu müssen.

Nesthäkchen sind die minder entwickelten Nestlinge einer Brut; die Ursachen dazu sind mannigfaltig. Meist sind es die zuletzt geschlüpften Küken einer Brut. Aber letztlich ist auch die Sicherstellung eines überlebensfähigen Nachwuchses Bestandteil der äußeren Brutpflege. Was ein künftig aufkommender und erstarkender Nachwuchs eines Horstes und damit auch einer Storchenpopulation braucht, ist neben stabilen Nahrungsbiotopen auch ein gesunder, in der zivilisatorisch veränderten Umwelt überlebensfähiger Storchennachwuchs. Der Storch als jahrtausendealter Kulturfolger des Menschen kommt uns damit von sich aus schon weitgehend entgegen. Er braucht zu seinem Fortkommen solchen Nachwuchs, den sich die Altvögel und die Umwelt selbst auserlesen haben und nicht den, den der Mensch in seinem Wunschdenken und Vermenschlichung des Tierlebens herbeizaubern möchte. Nur ein vom Storch selbst auserwählter Nachwuchs wird auch eine Überlebenschance in seinen weiteren Jahren in unserer „freien Wildbahn“ haben und ein gesundes Zug-, Brut- und Aufzuchtverhalten bewahren, wie er es seit ca. 80 Millionen Jahren zeitigt. Der „Lehrmeister“ Mensch ist da wenig gefragt.

Der übelste Eingriff des Menschen ist heutzutage derjenige in das Horstgeschehen, in die Wiege der Störche. Er ist nur dann gerechtfertigt, wenn unsere vermüllte und verseuchte Umwelt das Horstgeschehen schädigt. Nesthäkchen gibt es schon immer und bei fast allen Vogel- und Tierarten. Man kann sie zwar rechtzeitig aushorsten und durch Handaufzucht „aufpäppeln“, ihren Entwicklungsrückstand holen sie damit aber nicht auf, auch wenn sie physisch über den Berg, also lebensfähig sind. Für ein Leben in der freien Wildbahn sind sie verlorene Mühe und taugen allenfalls für die Haltung in Zoos oder Storchenhöfen. Für eine Auswilderung sind sie nicht geeignet, da sie sie nicht überleben würden. Die Brutstörche werfen sie daher aus dem Horst ab.
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DIE FEDER

Nach der bisherigen Lehrmeinung hat sich die Vogelfeder aus den entwicklungsgeschichtlich älteren Hautschuppen der Fische, Amphibien und Reptilien in gerader Richtung entwickelt. Diese Meinung wurde dadurch gestützt, dass sich bei den Aves noch Schuppenreste wie z. B. an den Ständern, Füßen und Zehen nachweisen lassen. Neuere entwicklungsgeschichtliche Forschungen haben aber ergeben, dass die Feder schon lange vor dem Aufscheinen der Vögel vor etwa 60 – 80 Millionen Jahren existierte, nämlich bei den Dinosaurieren, den Theropoden. Damit ist die Feder in ihrer ursprünglichen Form kein spezifisches Entwicklungsprodukt der Vögel, das mit dem Aufscheinen der Vögel sich zum Fliegen herausbildete, sondern sie entstand als eine eigenstände Entwicklung, gleichsam aus einer Seitenlinie aus den Schuppen heraus. Damit wird auch offenbar, dass die Feder nicht nur oder ausschließlich zum Fliegen entwickelt wurde.

Entwicklungsgeschichtlich lassen sich hierbei fünf Entwicklungsstadien der Feder erkennen, die in ihrer unsprünglichsten Form aus einem hohlen, oben geschlossenen Zylinder ähnlich einem Stachel des Igels begann. Als nächster Schritt bildete sich eine Spule heraus, aus der unverzweigte Federästchen herausragten, die in einem weiteren Entwicklungsschritt sich flächenförmig anordneten und in ihrem zentralen Teil zu einem festen Schaft verschmolzen. Da die Federästchen noch nicht durch Federstrahlen verzahnt waren, war diese Feder nicht sehr tragfähig, da sie die Luft hindurchgleiten ließ. Sie taugte allenfalls zu einem Gleitflug.

Damit die Federästchen eine für die Luft wenig durchlässige Fläche bildeten und die Feder damit tragfähig wurde, mussten diese Federästchen untereinander durch Federstrahlen verzahnt werden, damit sie zusammenhielten und somit eine dichte geschlossene Federfläche bildeten, die Federfahnen, die sich zu beiden Seiten des Schaftes befinden. Beide Federfahnen waren ursprünglich noch symmetrisch ausgebildet. Damit aber war die Konturfeder bereits fertig. In der heutigen Form begegnet uns die Konturfeder meist mit asymmetrischen Federfahnen.

Noch heute macht jede Feder diese Entwicklungsstadien innerhalb und außerhalb des Eies durch. So entspricht etwa das „Igelstadium“ unserer Nestlinge unter den Störchen dem entwicklungsgeschichtlichen Stadium der geschlossenen Hornzylinder, der Federscheide. Platzt sie an ihrem oberen Ende durch die herausdrängende Feder auf, so erscheint aus ihr die Feder, die sich entfaltet.

Zu der Gruppe der Theropoden unter den Dinosaurieren gehört auch der befiederte Archaeopteryx, der „Ur-Flügel-Vogel“ dessen Abdruck 1860 im Kalkstein des bayerischen Solnhofen gefunden wurde und 1861 von Hermann von Meyer beschrieben wurde. Nach der stratigrafischen Lage wird ihm ein Alter von 140 Millionen Jahren zugerechnet, ist also vom Auftauchen der echten Vögel noch gute 50 bis 60 Millionen Jahre entfernt. 1877 wurde ein zweites befiedertes Exemplar unweit von Solnhofen bei Eichstädt in Bayern gefunden. Aber auch weitere Familien unter den Theropoden waren bereits primitiv befiedert, so dass die Taxonomie der Vögel heute davon ausgeht, in den Dinosaurieren den Ursprung der Vögel zu erblicken. Und wahrlich, sehen die frisch geschlüpften Küken nicht aus wie ein Dino? Der Haus- und Feldsperling als Miniaturausgabe von Dinos unter uns!

Die ausgewachsene Feder ist ein totes Gebilde, das aus Horn besteht, ein hartes festes Eiweiß, das chemisch aus Keratin besteht und mehr oder weniger dicht von Farbpigmenten und Lufteinschlüssen durchsetzt wird. Ein häufiges Pigment ist dabei das Melanin, welches Keratin und Haut zu färben vermag. Keratin ist ein in der Natur sehr weit verbreitetes Bauelement aus Eiweiß, ein zähes Skleroprotein, das überall dort Verwendung findet wo es auf große mechanische Stabilität und Elastizität ankommt, wie in der Lederhaut von Mensch und Tier, Hörnern, Geweihen, Nägeln, Krallen, Schnäbeln, Klauen, Hufen, Federn, Haaren, Wolle, Hornpanzern wie bei Schildkröte, Nashorn, Krokodilen, Hornvögeln, Schuppentieren, dem Einhorn der Eiszeit. Aber auch unsere Haare, die Schlangenhaut, unsere Hornhaut des Auges, die an Händen und Füßen, die Fischbarten und Fischschuppen u. a. bestehen aus Keratin. Dabei hat das Keratin infolge seiner chemischen Struktur die besondere Fähigkeit, Wasser aus seiner Umgebung, z. B. der Luft, aufzunehmen, wie vom Haarhygrometer oder von den Dauerwellen der Damenwelt bekannt ist.

Der untere Teil des Federschaftes, der in der Haut im Federbalg steckt und die Feder dort verankert, ist die Spule. Schaft und Spule bilden den Federkiel. Federkiele von Schwung- und Steuerfedern von Großvögeln dienten in früheren Jahrhunderten als Schreibwerkzeug für Tinte. Aus dem Federbalg wird die wachsende Feder über die Spule mit Blut versorgt, die Blutkiele, die das Längenwachstum der Feder garantieren. Ist die Feder ausgewachsen, so wird die Blutversorgung eingestellt und die Feder wird zu einem toten Gebilde. Erst zur Zeit der Mauser, wenn die alten Federn ausfallen wie unsere Haare und ein neues Federkleid nachwächst, versorgt der Federbalg wieder die neu heranwachsende Feder mit Blut. Hierbei sind die Vögel gegenüber uns Menschen deutlich im Vorteil, denn uns wachsen keine ausgefallenen Haare mehr nach.

Die Entwicklungsgeschichte der Feder lässt sich also kurz folgendermaßen skizzieren: Keratin-/Hornzylinder – Spule mit Büschel unverzweigter Äste – Federschaft mit Fahnen aber ohne Strahlen und Haken – Federschaft mit Fahnen und unverzahnten Strahlen – Federschaft mit Fahnen und verzahnten Strahlen. Eine besondere zusätzliche anatomische Erweiterung im Federbau haben die Federn der Nachtgreife erfahren, wie z. B. unserer Eulen. Schwungfedern verursachen durch das Durchschneiden der Luft Geräusche, das Singen der Schwingen, was besonders bei Start und Landung auftritt, aber auch im Fluge wie bei Stockenten und Schwänen gut vernehmbar ist. Da unsere Eulen nachtaktive Jäger sind, würden diese Schwingengeräusche ihre Beutetiere vor dem herannahenden Prädator warnen, so dass der Jagderfolg ausbliebe. Um diese verräterischen Schwingengeräusche zu vermeiden, sind die Schwingen der Nachtgreife an ihrer Oberfläche mit einem flaum- oder samtartigen Polster besetzt und die Außenfahnen der äußersten Handschwinge mit einer feinen Zähnelung versehen, die das Fluggeräusch dämpfen.

Hinsichtlich der Form des Federkleides zeigen die Vögel im zeitlichen Ablauf eine Gefiederfolge, die unter anderem auch der Altersbestimmung eines Vogels dient. Schon im Ei entstehen bei vielen Vogelarten die Dunen, oder gelegentlich auch Daunen genannt, denen nach dem Schlupf die Nestlingsdunen folgen. Sie besitzen keinen Schaft und gleichen im Bau entwicklungsgeschichtlich einem Büschel unverzweigter Federästchen. Wegen ihrer hervorragenden Wärmeisolation dienten Dunenfedern vornehmlich von Gänsen früher als Füllung für Federbetten. Es waren die teuersten aber auch besten Betten.

Federn sind nicht wahllos, diffus über den Vogelkörper verteilt, sondern finden sich nur auf den sogenannten Federfeldern-, bahnen-, fluren. Die Bereiche dazwischen, die Federraine, sind frei von Federn. Jede Haus- und Bauersfrau, die ihr Federvieh noch selbst schlachtet und rupfen muss, kennt dies.

Die mit den Nestlingsdunen versehenen Küken werden als Pulli bezeichnet. Mit 10 bis 14 Tagen schießen beim Weißstorch die Blutkiele heraus, das sogenannte Igelstadium, platzen durch die herausdrängende Feder schließlich auf und die Feder entfaltet sich in dem Maße, wie ihr Längenwachstum erfolgt. Mit dem Hudern durch die Altvögel ist es dann beim Weißstorch alsbald vorbei und es beginnt die Entwicklung des Jugendkleides, das den Storch durch die Ausbildung von Konturfedern wie Hand- und Armschwingen, Steuerfedern und Deckfedern flugfähig macht.

Beim Aufbau dieses Großgefieders mit Beginn der vierten Woche erfolgt ein sehr intensiver Entwicklungsschub auch hinsicht der Zunahme der Körpermasse. Diese Entwicklungsphase ist von einem enormen Anstieg des Nahrungsbedarfes gekennzeichnet, denn das rasche Körperwachstum und die Entwicklung des Großgefieders erfordern beachtliche Mengen an Eiweß, aus dem im Wesentlichen das Gefieder besteht. Auch die Arm- und Handschwingen erscheinen bereits durch Melanin geschwärzt.

Das Gefieder eines Vogels beträgt etwa 40% der Trockenmasse eines Vogelkörpers, so dass es also erheblicher Mengen an Eiweiß für den Gefiederaufbau bedarf. Für die jungen Störchlis bedeutet dies, dass sie zu Beginn der vierten Woche täglich etwa 800 Gramm Nahrung bedürfen. Das ist zu diesem Zeitpunkt etwa das Vierfache ihrer täglichen Gewichtszunahme. Mit Insekten, Würmern und Schnecken allein ist da zur Abdeckung des täglichen Futterbedarfes nicht mehr viel auszurichten, da ist Kernnahrung in Form von Kleinsäugern wie Mäusen, Ratten, aber auch Fischen, Schlangen, Eidechsen, Jungvögeln von Bodenbrütern, ein Junghase oder auch ein Maulwurf gefragt. Die Störchlis sind da keine Kostverächter.

Das erste Jugendkleid unterscheidet sich vom Altkleid/Adultkleid der Altvögel dadurch, dass noch teilweise die Dunenfedern auf den Federspitzen des Jugendkleides haften, die allmählich abfallen und von den Nestlingen gegenseitig ausgezupft werden, ein Sozialverhalten des Storches. Schnabel und Ständer sind noch grau-schwarz bis bräunlich durch Melanin eingefärbt und erhalten erst mit zunehmender Geschlechtsreife in den Folgejahren ihre typische rote Einfärbung. Bis dahin gilt der Weißstorch als unausgefärbt und immatur/unreif im Unterschied zu den voll ausgefärbten Altstörchen, den Maturen.

Sobald bei den Nestlingen unter den Weißstörchen die Handschwingen um etwa 1 bis 2 Querfinger die Steuerfedern überwachsen haben, sind sie auch voll flugfähig, und der Tag des Jungfernfluges lässt nicht mehr lange auf sich warten. Zeigen mehrjährige Störche an Schnabel und Ständer noch dunklere Einfärbungen, so spricht man von einem Subadultkleid. Das vom Weißstorch getragene schwarz-weiße Federkleid ist zugleich auch sein Jahreskleid, ein Schlichtkleid, das er das ganze Jahr über trägt. Er kennt im Unterschied zu vielen anderen Vogelarten kein Prachtkleid, wie es besonders die Männchen zur Zeit der Balz tragen. Der Weißstorch ist in dieser Hinsicht recht bescheiden, was das Imponiergehabe durch ein buntes Prachtkleid gegenüber den Weibchen betrifft. Nur Schnabel, Ständer und Kehlsack am Unterschnabel färben sich intensiver rot.

Viele Vogelarten bilden während der Brutzeit zur besseren Übertragung der Brutwärme auf ihrer Bauchseite einen federarmen oder -freien Bereich aus, den Brutfleck. Der Vogel befindet sich dann im Unterschied zu seinem Ruhekleid im Brutkleid. Störche sind nicht gerade sehr “modebewusst” was ihre Kleiderordnung bzw. Gefiederfarben betrifft. Ihr ganzes Leben lang, Sommer wie Winter, ob jung oder alt, bescheiden sie sich mit ihrem schwarz-weißen Federkleid, gleichsam als Symbolfarben den schwarzen und weißen Kontinent verkörpernd und verbindend, zwischen denen sie alljährlich hin und her ziehen. Auch verfügt er über keinen besonderen Lockruf zur Balz, da sein unterer Kehlkopf, die Syrinx, und der obere Kehlkopf, die Larynx, zurückgebildet sind. Nestlingsstörche vermögen mit dem oberen Kehlkopf noch Zischlaute, ein Fauchen, Krächzen, Kreischen oder Quietschen, katzenartig anmutende Lautäußerungen, hervorzubringen, die auf die Altvögel meist als Bettelrufe nach Futter wirksam werden. Aber auch diese Lautäußerungen verlieren sich mit zunehmendem Alter, so dass ihnen für den Rest ihres Lebens nur das Geklapper der aufeinanderschlagenden Schnabelhälften und das Knappen verbleibt.

Unter dem Kleingefieder finden sich die Dunen, die ganz spezielle Aufgaben zu erfüllen haben. Sie besitzen keinen oder nur einen gering ausgebildeten Schaft und dienen überwiegend der Wärmeisolierung, wie die bereits genannten Nestdunen. Bei denjenigen Dunen, wo der Schaft länger als der längste Ast ist, spricht man von Halbdunen, die bevorzugt auf den Federrainen angeordnet sind. Pinguine besitzen Pelzdunen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie einen sehr weichen Schaft mit lockeren Ästen und sehr weichen Strahlen haben, um somit besonders gut Wärme isolieren zu können. Eine ganz wichtige Dunenfeder ist die Puderdune, die besonders bei den nicht auf dem Wasser lebenden Vogelarten vorkommt. Spezielle Zellen in ihr produzieren einen Puder, der bei der Gefiederpflege auf alle Federpartien übertragen wird und so über das Gefieder des ganzen Vogelkörpers seine wasserabweisende Wirkung entfaltet und Schutz vor Regen bietet, indem das Wasser abperlt.

Besonders bei Tauben sind diese Puderdunen ausgeprägt vorhanden und vermögen beim Anflug gegen eine Fensterscheibe dort einen gut haftenden Abdruck des Vogels zu hinterlassen, der einem “fliegenden Engel” gleicht. Er hat die Farbe des Gefieders, bei der Türkentaube z. B. blaugrau. Der Abdruck einer Türkentaube, die im November 2004 von einem Sperber geschlagen wurde und dabei in Panik gegen meine Balkontür raste, befindet sich immer noch dort. Ich “vergaß” gleich mal die Balkontüre zu putzen. Ein weiterer “Puder” entsteht durch den natürlichen Abrieb besonders des Großgefieders und dient gleichen Zwecken.

Für auf dem Wasser lebende Gefiederte aber reicht die wasserabweisende Wirkung der Puderdunen nicht aus. Sie besitzen unter dem Deckgefieder noch zusätzlich Dunenfedern zur Wärmeisolierung, gleichsam die “Unterwäsche”. Die Federn aber würden sich recht rasch mit Wasser vollsaugen und bei kühler Witterung auch zur Unterkühlung des Vogelkörpers führen. Hier sorgt ein spezielles Federbüschel, welches einer Talgdrüse aufsitzt, für ein fettendes Sekret, die Bürzeldrüse. Auch hier wird mit dem Schnabel bei der Gefiederpflege das fettende Sekret wie ein hauchdünner Film über das Gefieder verteilt, so dass es das Wasser abweist und Luftpolster einschließt. Dadurch ist es möglich, dass Schwäne, Gänse, Enten, Blesshuhn u. a. Wasservögel ohne durchnässt und unterkühlt zu werden und die Lufteinschlüsse im Gefieder zu verlieren, auf dem Wasser zu schwimmen vermögen.

Bei Wasservögeln ist die Bürzeldrüse daher besonders gut ausgebildet, was bei Reiher, Kranich und Storch u. a. nicht der Fall ist. Ihr Gefieder durchnässt im Wasser. Deshalb meiden diese Vögel auch tiefes Gewässer, da sie kein durchnässtes Bauchgefieder mögen. Auch von Säugetieren ist dieser fettende Pflegemechanismus ihrer Keratinstrukturen bekannt, z. B. vom Schaf mit dem bekannten Wollfett Lanolin (Adeps lanae), was in Pharmazie und Kosmetik seine Verwendung findet.

Das Gefieder bietet durch seine Lufteinschlüsse mit feucht-warmem Mikroklima zahlreichen Parasiten eine Heim- und Brutstätte, den Federlingen, eine Sammelbezeichnung für einige tausend Arten von Insekten. Sie ernähren sich von Hautschuppen, Federpuder und kleinen Federresten, also von Keratin, sie sind keratophag, Keratin also Horn fressend. Auch unser Fußpilz ist keratophag. Für den Vogel sind solche Plagegeister natürlich lästig und er versucht, sich ihrer bei der Gefiederpflege zu entledigen. Das gelingt in aller Regel auch dort, wo er mit dem Schnabel hinkommt. An Hals und Kopf kann das nur durch Kratzen mit dem Fuß erfolgen oder durch Reiben dieser Körperteile an anderen Körperpartien.

Beim Kratzen am Kopf werden dabei zwei verschiedene Techniken in Anwendung gebracht. Die einfachere besteht darin, dass mit dem Fuß der gleichen Körperseite ohne Abspreizen des Flügels gekratzt wird, im anderen Fall wird der Flügel der betreffenden Körperseites etwas abgespreizt und abgesenkt und das Bein über den Flügel geführt. Der Vogel kratzt sich “hinten herum”. Der Storch kratzt sich “vorn herum”. Die angewandte Technik ist artspezifisch.

Eine besondere Form der Gefiederpflege ist das Fremdputzen durch Artgenossen, ebenfalls eine Form von Sozialverhalten, das gelegentlich in ein spielerisch liebkosendes Verhalten übergeht, wie es besonders von Papageien bekannt ist. Allerdings wird das nur all zu oft durch Vermenschlichung dieser Verhaltensweisen auf die Ebene zwischenmenschlicher Gefühlsbeziehungen emporgehoben. Bei Türkentauben kann man sogar beobachten, dass sie sich vor der Kopulation beschnäbeln. Ob das eine stimulierende Wirkung auf den Paarungsakt bewirkt, ist nicht bekannt.

Eine gern geübte Form der Gefiederpflege ist das Sand-, Staub-, Sonnen- und Flugbaden sowie das Einemsen. Jeder hat wohl schon gesehen, wie sich Sperlinge mit sichtlichem Wohlbehagen minutenlang in Wasserpfützen, Staub oder Sand baden und dabei je nach Farbe des Staubes dann wie ein rechter “Schmutzfink” aussehen. Beim Flugbaden wird während des Fluges in das Wasser ein- oder untergetaucht, beim Sonnenbaden wird das Gefieder abgespreizt, so dass das kurzwellige UV-Licht auch die Hautpartien erreichen kann, wo sich Federlinge aufhalten. Unter Einemsen schließlich wird das Einbringen von Ameisen mit dem Schnabel in das Gefieder verstanden, wobei diese ihre ätzende Ameisensäure abgeben. All diese Gefiederpflegemaßnahmen dienen also dazu, die lästigen Ektoparasiten mehr oder weniger erfolgreich loszuwerden.

Nachdem die Feder in ihrer Urform nach neueren Erkenntnissen entwicklungsgeschichtlich älter ist als der erste fliegende Vogel, erhebt sich hieraus natürlich auch die Frage, wozu diese Urfeder denn eigentlich einst diente. Zum Fliegen war sie noch nicht tauglich, schon gar nicht für jene Kolosse von Dinosaurieren, die sie als Erste trugen, denn sie waren aus aerodynamischen Gründen hierzu viel zu schwer. Mithin kann die Feder ursprünglich auch nicht nur und allein für den Flug bestimmt gewesen sein, sondern musste vor Jahrmillionen anderen Zwecken gedient haben. Aber die Wissenschaft ist sich über diese anderen Aufgaben noch nicht schlüssig.

Zu denken wäre da an einen Schutz vor Austrocknung bei dem entwicklungsgeschichtlich bedeutsamen Übergang vom Wasser- zum Landleben. Schutz vor austrocknenden Winden und mechanischen Verletzungen, aber auch die Tarnung vor Prädatoren kämen hier bei den ersten Federfunktionen in Frage, wie auch Schutz vor Kälte, Schnee und Eis.

Im Unterschied zum Leben im Wasser, wo fast beständig eine etwa konstante Temperatur zwischen Tag und Nacht und über die Jahreszeiten hinweg herrscht, ist das Leben auf dem Lande mit drastischen Temperaturwechseln zwischen Tag und Nacht und während der Wechsel der Jahreszeiten verbunden. Hier war natürlich ein wärmeisolierendes Polster gefragt, das die Wärme des Körpers möglichst konstant hielt, wie es für die Tiere mit konstanter Körpertemperatur im Unterschied zu den wechselwarmen Tieren erforderlich wurde.

Wichtig wäre auch ihre Funktion als Schutz vor Sonneneinstrahlung, insbesondere der ultravioletten A-, B- und C-Strahlung, da diese Strahlung eine schutzlose Haut gnadenlos verbrennen würde. Man kann die Feder daher als einen entwicklungsgeschichtlichen Übergang vom Wasser- zum Landleben betrachten, der den Tieren auf dem Lande den notwendigen Schutz vor den skizzierten terrestrischen Einflüssen und Einwirkungen bot. Bis zur Entwicklung einer Feder, einer Flugfeder, die auch ein Wirbeltier durch die Lüfte tragen konnte, war es also noch ein weiter Weg in der Entwicklung der heutigen Federstruktur. Man kann daher die oft gestellte Frage: ”Was war eher da, die Feder oder der Vogel “getrost dahingehend beantworten, dass die Federn schon längst vor dem Vogel existierten und nicht nur zum Fliegen konzipiert wurden.
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GEFIEDERFARBEN

Man könnte meinen, dass bei der nahezu unzähligen Farbenvielfalt des Gefieders unserer Vogelwelt diese dazu ein grenzenloses Sortiment an Farbpigmenten verwendet. Die folgenden Ausführungen werden aber diesbezüglich etwas enttäuschen. Der Weißstorch und der Schwarzstorch bieten sich förmlich dazu an, das bunte Farbspiel der gefiederten Welt zu demonstrieren. Sparsam geht die Natur mit den Farbpigmenten um und zaubert dennoch eine unglaubliche Vielfalt an Farbnuancen mit feinsten Abstimmungen hervor, die uns immer wieder in Erstaunen und Faszination zu versetzen vermag. Die Farben des Gefieders sind gleichsam die Buntheit einer Blütenpracht bei den Vögeln, als wollten sie der farbigen Blumen- und Blütenwelt Konkurrenz bieten. Strahlenden Kristallen gleich erscheint ihr Federkleid, das zur Zeit der Balz oft dem Glanze eines Diamanten vergleichbar wird.

Die Farben und die zahllosen art- und geschlechtsspezifischen Farbmuster verteilen sich dabei auf eine Vielzahl von Kontur- und Deckfedern und dienen so neben der Arterkennung und Balz auch der Abschreckung und Tarnung vor biologischen Feinden, z. B. durch spotanen Farbwechsel des Chamäleons. Unser heimischer Grasfrosch vermag sich dadurch zu tarnen, indem er seine durch Melanin gefärbte Haut im Farbton dem Untergrund seines Biotops anpasst.

Das Weiss im Gefieder unseres Weißstorches ist das reinste Keratin, also Horn von ungewöhnlicher Reinheit. Solange ihr nicht durch äußere Anlagerungen Pigmente aus der Umgebung des Biotops anhaften, erscheint es schneeweiß, da es alles Licht reflektiert. Die schneeweiße Farbe wird dabei auch durch Lufteinschlüsse hervorgerufen. Jeder kennt z. B. das Ergrauen der Haare oder die weißen Flecken unter dem Fingernagel, was nicht durch Einlagerung eines besonderen Pigmentes oder von Kalk hervorgerufen wird, sondern durch Lufteinschlüsse und Pigmentschwund, wodurch das Haar weißgrau erscheint.

Gelegentlich sieht man am weißen Gefieder des Weißstorches gelb-bräunliche Einfärbungen. Man bezeichnet dies als Ockerung; der Stroch erscheint geockert. Diese Farbe stammt aus dem Biotop des Storches, z. B. vom Boden oder Wasser, wo sie am Gefieder haften bleibt. Man spricht von Haftfarben. Sie bestehen meist aus Eisenoxid-Hydroxiden, eben dem gelbbraunen Ocker Fe2O3 x H2O. Aus mineralogischer Sicht ist es Limonit, Brauneisenerz, ein Gemisch von gleichen Teilen Goethit (alpha FeO(OH), Nadeleisenerz) und Lepidokrokit (gamma FeO(OH), Rubinglimmer), die sich durch Oxidation des wasserlöslichen zweiwertigen Eisens zu den genannten wasserunlöslichen dreiwertigen Eisenverbindungen an der Luft bilden. Aber auch Wasser mit reichlich Huminsäuren und die das Wasser gelbbraun bis schwarz färbenden Fulvosäuren der Schwarzwässer, wie sie besonders in Moorwässern vorkommen, vermögen weißes Gefieder einzufärben, obwohl man hierbei streng genommen nicht von einer Ockerung sprechen kann.

Ihren schwarzen Frack bilden die Weißstörche durch Einlagerung des universellen Wirbeltierpigments Melanin, das sie in ihrem Körper selbst, im Federbalg in den Melanoblasten produzieren, die es wiederum auf die Zellen der wachsenden Feder nach einem bestimmten Muster übertragen. Sein Grundbaustein leitet sich von der Aminosäure Tyrosin ab, das seinerseits durch Hydroxylierung aus der Aminsosäure L-3-4-DihydroxyPhenylalanin (DOPA) unter Einwirkung des Enzyms Tyrosinase gebildet wird.

Seine Verteilung auf dem Gefieder ist durch genetische Codes fixiert und damit erblich. Es findet sich beim Weißstorch in den Hand-, Unterarm- und Oberarmschwingen und verstärkt gleichzeitig die dortigen Federstrukturen, weshalb sich weiße Federstrukturen rascher abnutzen. Auch die Iris/Regenbogenhaut und die Aderhaut des Auges sowie die Zirbeldrüse/Epiphyse/Corpus pineale enthalten beachtliche Mengen Melanin. Auch die Sepia des Tintenfisches besteht aus Melaninpigment, und da es in Wasser nicht löslich ist, liegt es dort als Suspension vor. Selbst in der Kartoffel und dem Schwarzen Tee sind Melanine zu finden.

Nach 1775 wurde Sepia von dem Dresdner Professor Seydelmann als Malpigment eingeführt. Seitdem hat Melanin auch Eingang in die Kunst gefunden. Auch wird es zum Färben von Pelzen und Haaren verwendet.

Melanin vermag unterschiedliche Farben hervorzurufen, vom Braungelb, Braun, Dunkelbraun, Schwarzbraun bis zum tiefen Schwarz. Das stäbchenförmige Eumelanin vermag alle Farbschattierungen zwischen Schwarz und Dunkelbraun, das rundliche Phaeomelanin alle Schatttierungen zwischen Braun und Gold hervorzurufen. Welche Farbe erscheint, hängt vom Oxydationsgrad des Melanins und der Anzahl und Dichte der vorhandenen Melaninpigmentgranula und deren Größe, optimal 0,1 bis 1μm, ab. Seine rein schwarze Farbe entsteht dadurch, dass es aus dem Lichtspektrum der Sonne alle Farbanteile völlig absorbiert, so dass kein Licht mehr reflektiert wird und damit unser Auge nicht erreicht. Die Partien erscheinen tiefschwarz. Ist die Packungsdichte der Melaninpigmente geringer, so wird auch ein geringerer Lichtanteil absorbiert und der Rest reflektiert, weshalb diese Partien dann einen mehr oder weniger braunschwarzen oder bräunlchen Farbton annehmen.

Allein durch den Oxydationsgrad und die Anzahl und Packungsdichte der Melaninpigmente vermag also Melanin schon eine ganze Palette Farben von Gelb bis Tiefschwarz hervorzurufen. Melanin ist auf Dauer aber selbst nicht gegen Ultraviolettlicht beständig; es bleicht aus, so dass die ältesten und noch nicht durchgemauserten Federn einen bräunlichen Farbeinschlag bekommen können, wodurch sich der Frack der Störchlis etwas bräunlich einfärben kann. Erst die neue Mauserfeder bringt wieder das satte melaninbeladene Schwarz hervor.

Wie beim Menschen gibt es auch beim Tier und Vogel eine Stoffwechselstörung infolge eines genetischen Enzymdefektes, so dass kein Melanin produziert werden kann: der Albinismus. Diese Menschen bräunen nicht, auch wenn sie sich noch so intensiv der gleißenden Sonne oder Solarien aussetzen. Solche Menschen und Lebewesen sind hellhäutig, hellhaarig, blond und hell gefiedert, bei den Vögeln ohne typische Farbmusterzeichnung, ihre Pupillen leuchten rot und ihre Regenbogenhaut hellblau, weil ihnen in der Netzhaut und der Regenbogenhaut das Melanin fehlt, so dass die Aderhaut hellrot aus der Pupille durchschimmert. Türkentauben sind zwar auch rotäugig, aber sie haben eine tiefrote, fast schwarze Augenfarbe, weil sie keine Albinos sind und auch ihre Iris kräftig rot eingefärbt ist.

Nach den Erkenntnissen und Arbeitshypothesen der Farbgenetiker müsste der Schwarzstorch der phylogenetisch ältere Storch vor dem Weißstorch sein, da das pechschwarze Eumelanin als Urfarbe im Tierreich gilt, bevor andere Farbmutationen entstanden. Schwarz- wie Weißstorch prägen genetisch bedingt sowohl Eu- wie auch Phaeomelanine aus. Ein etwas ausführlicher Beitrag zur Farbgenetik folgt am Ende der Beitragsserie "Gefiederfarben".

Beim Menschen dient Melanin dem Schutz der Haut vor Ultraviolettstrahlung der Sonne, da es auch die kurzwellige UV-Strahlung zu absorbieren vermag. Beim dunkelhäutigen Afrikaner, der ein ganzes Leben lang besonders in den Savannen der tropischen und subtropischen Sonne ausgesetzt ist, ist das Melaninpigment seit Anbeginn seines Lebens ausgebildet. Beim weißhäutigen Europäer bildet es sich erst unter dem funktionellen Reiz des UV-Lichts aus, heute meist durch sogenannte “Gewalt-Röstkuren” beim Sonnenbaden, die häufig zur Verbrennung der Haut bis zur Blasenbildung führen können, dem berüchtigte Sonnenbrand. Noch gefährlicher wirkt der Reiz des UV-Lichts bei unvernünftiger Dosierung auf die das Melanin produzierenden Zellen selbst, die dadurch zur ungehemmten Zellteilung angeregt werden können und zu dem gefürchteten Melanom entarten. Auch kann es zur völligen Zerstörung der Melanozyten kommen, so dass sich an diesen Hautstellen pigmentfreie Zonen bilden und diese Partien dann weiß erscheinen, da sie infolge Pigmentmangels nun nicht mehr bräunen können. Die Pigmentverteilung der Haut ist damit irreversibel gestört.

Dass UV-reiches Licht zur vorzeitigen Alterung der Haut führt, ist schon seit Jahrhunderten von der sogenannten Landmannshaut bekannt, die früher noch sehr verbreitet war, da der Landmann noch mit dem Pflug und der Sense viele Stunden am Tag unter der Sonne auf dem Feld arbeitete, wo er den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt war. Heute sitzt der Landmann im klimatisierten Schlepper und Mähdrescher, der vom GPS gesteuert wird. Dass die Haut unserer Handrücken, Unterarme und des Gesichtes rascher altert als die bedeckten Hautpartien unseres Körpers, liegt schlicht und einfach daran, dass diese Partien mehr dem Licht ausgesetzt sind als die bedeckten Körperstellen.

Verantwortlich für diese Hautschäden ist besonders der kurzwellige UVB-Bereich von 315 nm bis 280 nm. Zahlreiche Sonnenanbeter/innen haben ihre Eitelkeit, in ein haselnussbraunes-negroides Exterieur zu schlüpfen, schon mit vorzeitiger Hautalterung etwa im Sinne von “Krähenfüßchen” und “Sorgenfalten” etc. bezahlt.

Noch vor etwa 250 Jahren war es in der “Nobelwelt” modern, besonders blass und mit glatter und faltenloser Gesichtshaut zu erscheinen, um sich vom Landvolk abzuheben. Der Sonnenschirm gehörte daher bei ihnen zur Ausstattung eines Tagesausgangs. Aber die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Mode und die Menschen. Die Eitelkeit aber ist geblieben, sie kennt keine Grenzen, weder bei gesundheitlichen Risiken noch was den Geldbeutel betrifft.

Eitelkeit hat eben ihren Preis, und damit lässt sich allemal und zu jeder Zeit ein gutes Geschäft machen. Ist das frische jugendliche Exterieuer erst einmal durch die Sonnengrillung und Solarien dahin, bleibt nur noch der Schönheitschirurg zum Liften der allzu früh erschienenen zahllosen Fältchen, die Gesicht und Haut vorgealtert haben. So einige in die 10.000 gehende Euros kostet das dann schon.

Andere, die Botox-Zombies, versprechen sich die Renaturierung ihrer verlorenen Schönheit durch die Injektion des hochgiftigen Botulinus-Toxins von den Clostridienbakterien in ihre Fältchen. Obwohl der Wirkungseffekt gerade einmal so sechs Wochen vorhält, Nebenwirkungen im Sinne von Sehstörungen, Augenlid- und Mundwinkellähmung sowie Schluckstörungen nicht ausgeschlossen werden können und so ein Spritzchen auch seinen satten Preis hat, stört das einen echten Botox-Zombie nicht.

Der große Katzenjammer aber beginnt spätestens dann, wenn die Melaninpigmentzellen teilweise zerstört sind und der Sonnen-Zombie als Braunschimmel herumlaufen und seine weißen Hautflecken mit Farbe übertünchen muss, um sein geschecktes Dasein zu verbergen. Mit einer solchen durch Gewaltkur herbeigeführten Bräunungsaktion wurde zum Schaden der Haut “mehr Schein “ als ein gesundes und natürliches “Sein” der Haut recht teuer erkauft.

Die noch kurzwelligere UVC-Strahlung von 280 bis 100 nm hingegen erreicht den Erdboden nicht mehr, da sie durch die Ozonschicht und Wasserdampf (dort wo sie vorhanden sind) in der Luft absorbiert wird. Unsere Störchlis mit ihren melaningeschwängerten Schwingen und weißem Gefieder aber stört das nicht, da die Federn ja tote Gebilde sind, dem die UV-Strahlen nichts anhaben können, von einem gewissen Bleicheffekt auf das schwarze Melanin abgesehen.

Die gelben und roten Gefiederfarben werden durch Karotine und Karotinoide hervorgerufen, die mit der Nahrung aufgenommen und in das Gefieder auf Grund ihrer Fettlöslichkeit diffus eingelagert werden (Lipochrome/Lipoidfarben). Sie sind im Unterschied von Pigmenten fettlöslich und werden nicht vom Vogelkörper selbst synthetisiert, sondern fertig aus der Nahrung oder im Intermediärstoffwechsel leicht chemisch modifiziert übernommen. Es handelt sich hier um natürliche, also in der Natur vorkommende Farbstoffe, die sich in den Früchten und Samen der Pflanzen oder in anderen Tieren finden.

Von den Rosaflamingos ist bekannt, dass sie ihre rote Farbe aus dem Verzehr von Garnelen beziehen. Nun ist den Garnelen dieser rote Farbstoff nicht ohne weiteres anzusehen. Er wird erst beim Erhitzen sichtbar wie bei vielen anderen Schalentieren auch, z. B. Hummer, Languste oder unseren (verschwundenen) Flusskrebsen. Es ist eine Art Leukofarbstoff, der erst durch Oxidation oder Reduktion sichtbar wird. Sie werden dann beim Kochen buchstäblich krebsrot.

Zu den gelben Farben gehört das wichtige Provitamin A, das Beta-Karotin (gelb), von dem ein Teil in der Darmschleimhaut zu Vitamin A synthetisiert wird. Zu diesen Farbstoffen gehören z. B. Lycopin (rot) aus der Tomate, Capsanthin (rot) aus dem roten Paprika, Lutein/Xanthophyll (gelb) aus dem Eidotter und grünen Blättern der Pflanzen, Zeaxanthin (gelb) als Farbstoff im Mais, Bixin (gelb) aus der tropischen Annatta-Frucht, Crocetin (gelb) aus dem Safran des Krokus, Canthaxanthin (gelb), Astaxanthin/Crustacyanin (rot) aus Krebstieren. Anthocyane (rot bis tiefrot) findet sich in Kirschen, Johannisbeeren, roten Trauben, Rotkohl, Betanin (rot) in Rote Beete u. v. a. mehr. Sie seien einige weitere Beispiele für solche Farbstoffquellen. Viele dieser Farbstoffe sind in den Samen und damit aus den von ihnen gewonnenen Ölen enthalten, weshalb Maiskeimöl durch Zeaxanthin z. B. gelb gefärbt ist und Weizenkeimöl durch Xanthophyll seine gelbe Farbe erhält.

In welchem Rhythmus und nach welchem Muster die heranwachsende Feder schließlich mit Pigmenten und Farbstoffen versorgt wird, ist wieder durch einen genetisch determinierten Code bestimmt, ein Erbmuster. Wie solche Farbmuster aussehen können, zeigt uns demonstrativ der Pfau, wenn er ein Rad schlägt. Viele dieser Farben werden auch von der Lebensmittelindustrie zur Färbung und gelegentlich auch Fälschung von Lebensmitteln verwendet. Ein echtes grünes Pigment oder Farbstoff ist bislang nur unter den Enten vom Eidererpel bekannt. Das Nahrungsspektrum der einzelnen Vogelarten ist also zu einem guten Teil auch ihr Farbstofflieferant.

Eine dritte Gruppe unter den Gefiederfarben stellen die Strukturfarben dar. Dabei sind das eigentlich weder Farbpigmente noch Farbstoffe. Liegen den Pigmenten und Farbstoffen wohldefinierte chemische Substanzen zu Grunde, so entstehen im Gegensatz dazu die Strukturfarben gänzlich ohne solche Substanzen, sozusagen aus dem scheinbaren Nichts heraus.

Strukturfarben entstehen nicht aus Pigmenten oder Farben, ihnen liegt ein lichtoptisches, physikalisches Prinzip zugrunde. Der Name Strukturfarbe besagt, dass diese Farbe durch die physikalisch-optische Struktur, also durch die optischen Eigenschaften des vom Licht getroffenen und durchsetzten Mediums, hier die Keratinfeder, entsteht. Als Demonstrationsbeispiel aus der gefiederten Welt dienen hierbei der heimische Schwarzstorch und der Star, hier besonders der Unterschied des Perlstares zum Glanzstar. Beide sind schwarz gefärbt, und von Beiden sind die zahlreichen in den Regenbogenfarben schillernden Farben auf ihrer Gefiederoberfläche bekannt, obwohl diese erscheinenden Farben in ihrem Gefieder gar nicht als Pigment oder Farbstoff präsent sind.

Trifft Licht auf einen Festkörper, so gibt es prinzipiell vier verschiedene Möglichkeiten, was mit dem Licht geschieht. Die Lichtstrahlung kann vollständig reflektiert werden, vollständig hindurchgelassen und dabei gebrochen werden, vollständig absorbiert oder gestreut werden. Keine dieser vier Möglichkeiten tritt in der Natur tatsächlich in reiner und idealisierter Form auf. Stets treten diese Prozesse gemeinsam, aber in unterschiedlichen Anteilen auf.

Selbst das beste reflektierende Material, Silber, reflektiert nur zu 94%, die restlichen 6% werden gestreut und absorbiert. Auf Grund der hohen Reflexion erscheint Silber metallisch weiß. Das scheinbar völlig lichtdurchlässige Glas reflektiert einen großen Anteil des auftreffenden Lichts, weshalb Optiken z. B. für Fotoapparate, Ferngläser, Spektive und astronomische Fernrohre zur höheren Lichtdurchlässigkeit vergütet werden müssen. Die dunklen Pigmente Ruß, Magnetit/Eisenoxidschwarz oder Melanin absorbieren nahezu alles Licht aus dem Spektrum des Sonnenlichts, weshalb sie schwarz erscheinen.

Das Gefieder des Schwarzstorches und des Stares erscheint durch Melanin schwarz, da es nahezu alles Licht absorbiert. Nur in eine sehr dünne Oberflächenschicht des Keratins der Feder vermag das Licht einzudringen. Fällt nun weißes polychromatisches Sonnenlicht auf die dünnen lamellenartigen Keratinstrukturen einer Schwarzstorchfeder, so wird an der Oberfläche dieser Keratinlamelle ein Teil des weißen Lichts reflektiert. Ein weiterer Teil des weißen Lichts dringt in die optisch dichtere Keratinlamelle ein und wird dort entsprechend seiner Farbwellenanteile unterschiedlich gebrochen. Rot am geringsten, Violett am stärksten. Die unterschiedliche Brechung von Licht verschiedener Wellenlängen wird als Dispersion bezeichnet. Auf der Gegenseite der Keratinlamelle werden diese Farbwellen erneut reflektiert und treten wieder unter Brechung auf der Oberseite der Keratinlamelle in die Luft aus. Da diese Farbwellen die Dicke der Keratinlamelle zweimal durchlaufen, haben sie eine längere Wegstrecke zurückgelegt als der an der Oberfläche der Keratinlamelle teilweise reflektierte weiße Sonnenstrahl.

Zwischen dem an der Oberseite der Lamelle reflektierten Licht und dem an der Unterseite reflektierten Licht ist ein Gangunterschied und damit eine Laufzeitverschiebung entstanden, eine Phasenverschiebung. Diese hängt von der Dicke der Keratinlamelle ab. Damit hat das Licht beider Wellen eine feste, konstante gleichbleibende Phasenverschiebung erhalten, da sich die Dicke der Lamelle nicht ändert. Es ist kohärentes Licht entstanden, das zu interferieren vermag. Das an der Ober- und Unterseite der Keratinlamelle reflektierte Licht vermag nun zu interferieren, das heißt, dass sich einzelne Wellenzüge der beiden reflektierten Wellen je nach Phasenlage verstärken oder auslöschen können oder andere Lichtfrequenzen hervorrufen können.

Befinden sich z. B. die Wellenzüge des grünen Lichtanteiles in Phase, so verstärken sie sich und das Gefieder schillert grün. Sind sie um 180 Grad gegeneinander verschoben, so löschen sich diese Wellenzüge gegenseitig aus. Es erscheint wieder Schwarz. Da sich dies bei allen Farben des weißen Sonnenlichts ereignet, schillert das Gefieder des Schwarzstorches über alle Farben des Spektralbereiches. Diese Interferenzen an dünnen Plättchen sind als Newtonsche Ringe z. B. auf Ölpfützen, gerahmten Dias mit Lufteinschlüssen oder dem Opal u. a. Gemmen bekannt. Auf diese Weise sind also ganz ohne Farbpigmente und Farbstoffe Gefiederfarben entstanden, die aber ständig wechseln, je nach Einfallswinkel des auftreffenden Lichts. Es versteht sich von selbst, dass Pigmentfarben, Farbstoffe, Strukturfarben und Haftfarben in gegenseitiger Wechselwirkung sind und sich mannigfach beeinflussen.

Auch die schwarzen Schwingen des Weißstorches vermögen Interferenzen und damit solche Schillerfarben und Strukturfarben hervorzurufen, da auch auf ihnen das Licht teilweise reflektiert und gebrochen wird, so dass es zu kohärentem Licht führt. Da allerdings ein Teil des Lichts bereits diffus gestreut wird, erscheinen diese Schillerfarben beim Weißstorch auf seinen schwarzen Gefiederteilen nicht so prächtig wie beim Schwarzstorch, Star oder Pfau. Er ist eben ein bescheidener Vogel, was die Färbung seines Federkleides betrifft.

Wer sich schon einmal an einer Federsammlung versucht hat, z. B. aus den gelegten Rupfungen von Habicht und Sperber, wird enttäuscht bemerkt haben, dass die Einzelfeder nur selten das farbenprächtige Gefieder eines Vogels widerspiegelt und farbblass erscheint. Das liegt daran, dass die schwach pigmentierte Einzelfeder den größten Teil des Lichts hindurchlässt und nicht reflektiert und somit auch nur wenige Lichtanteile absorbiert. Erst wenn das ganze Gefieder in seiner topographischen Ordnung in mehrfachen Schichten übereinander liegt, erscheinen auch die entsprechenden Farben und zugehörigen Muster in vollem Glanz, ihrer ganzen Pracht und Zeichnung.

Das Thema der Strukturfarben kann man nicht verlassen, ohne auf die “Goldene Krone” unter diesen Farbkünstlern hingewiesen zu haben. Die wahren Meister bei den Strukturfarben sind die Puppen der tropischen Schmetterlingsgattung Euploea. Es ist nahezu unglaublich, was Haut und Hülle dieser Puppen für einen lichtoptischen Effekt ganz ohne jegliche Pigmente zu erzeugen vermögen. Der spiegelnde Goldglanz ihrer Puppenhülle ist so vollendet, dass man meint, die Puppe sei aus purem blankem Gold.

Die Haut dieser Puppenhüllen besteht aus Überlagerungen von 260 Lamellenpaaren mit einer Schichtdicke von jeweils 100 nm und 150 nm, also aus 520 Schichten, insgesamt also eine Dicke von 130.000 nm = 130 μm oder 0, 13 mm. Da die Schichten eines Lamellenpaares jeweils unterschiedlich dick sind, wechselt auch ihr Brechungsindex für das sichtbare Licht zwischen höheren und niedrigeren Werten.

Zwischen den Wellenlängenbereichen 520 nm (grün) und 650 nm (rot) des sichtbaren Lichtspektrums besitzen diese 260 Lamellenpaare ein extremes Reflexionsvermögen und vermögen nahezu alles auf sie auftreffende Licht in diesem Bereich zu reflektieren. Da dies den Gelbanteil des Sonnenspektrums umfasst, schillert ihr reflektiertes Licht in goldgelben Farben wie pures Gold. Das kurzwellige Licht unterhalb von 450 nm (blau) und das langwellige Licht oberhalb von 700 nm (dunkelrot) absorbieren sie und nutzen es für ihren Energiestoffwechsel und als Wärme.

Die Schmetterlingspuppen sind an den Blattunterseiten angeheftet. Überdeckt man eine solche “goldene Puppe” mit einem lichtdurchlässigen grünen Blatt, so ist sie praktisch nicht mehr sichtbar, da das Grün des Blattchlorophylls das Grün aus dem Sonnenlicht reflektiert. Damit ist auch die goldene Farbe der Puppe unter einem Blatt auf der Blattoberseite verschwunden und ihre Tarnung damit perfekt geworden. Es erscheinen nur noch einige helle Punkte, die einem glitzernden Wassertropfen gleichen.

Das Reflexionsspektrum dieses nur 0, 13 mm dicken Lamellenhäutchens ist so perfekt, das es praktisch dem Reflexionsspektrum reinen metallischen Goldes gleicht. Hinter dem uns Augenscheinlichen verbirgt sich also noch eine ganze Welt unerkannter Phänomene. Eine Fundgrube für Blattgoldfälscher. Wäre nicht ein solches Lamellensystem der Wunschtraum manch eines mittelalterlichen Alchemisten gewesen, der sich erträumte oder dazu hinter Kerkermauern verurteilt wurde, für Herzöge Gold herstellen zu müssen, wie etwa Böttger, der per Zufall dabei zum Erfinder des weißen Goldes, des Porzellans, in Meißen unter den Sachsenherzögen wurde.

Melanin ist nicht nur für die Farbgebung und Farbmuster des Gefieders und damit für die Artenerkennung, Balz und Tarnung und beim Menschen für den Lichtschutz erforderlich. In der Iris/Regenbogenhaut und Aderhaut des Auges sowie in der Zirbeldrüse/Pinealorgan erfüllt es mit seiner Fähigkeit der Lichtabsorption tiefgreifende Aufgaben in der Steuerung des Tag-Nachtrhythmus, also des Hell-Dunkelrhythmus, der die Circadianrhythmik eines Lebewesens bestimmt.

Das Pinealorgan ist entwicklungsgeschichtlich ein verkümmertes Lichtsinnesorgan, eine Art “drittes Auge” wie es bei Fischen, Amphibien, Reptilien und Vögeln als Lichtsinnesorgan noch nachweisbar ist. Es liegt an der Oberseite des Gehirns unmittelbar unter den Hirnhäuten und der Schädelkalotte zwischen Endhirn und Kleinhirn und wird durch lichtdurchlässige Schuppenfenster bei Fischen oder lichtdurchlässige Knochenfenster bei den Vögeln vom Licht erreicht. Dieses umfunktionierte hohle Lichtsinnesorgan beinhaltet in seinen Wänden außer Melanin auch den Hirnsand, Acervulus, mikroskopisch kleinste schwarze Kristalle aus dem ferrimagnetischen Magnetit, einem Doppelkristall aus Wüstit und Hämatit (FeO x Fe2O3), dessen gepaarte Elektronenspins für den Ferrimagnetismus verantwortlich sind und dem Vogel zur Orientierung im Magnetfeld der Erde dienen.

Auch die Substantia nigra, der graue Kern des Mittelhirns, enthält Melanin und derartige Eisengranula. Aus der Vorstufe des Neurotransmitters Serotonin produziert die Zirbeldrüse vemittels des Enzyms N-Acetyltransferase lichtabhängig das Hormon Melatonin. Die höchste Aktivität entwickelt dieses Enzym in der Dunkelheit, während sie im Licht unterdrückt wird. Die Synthese des Melatonins schwankt somit im Rhythmus des Wechsels von Tag und Nacht, wie man an Sperlingen, Staren und dem Huhn nachweisen konnte. Hält man sie in einem Dauerdunkel, so bleibt dieser endogene lichtabhängige Syntheserhythmus erhalten. Die nicht erfolgte Synthese des Hormons Melatonin signalisiert ihnen also die Lichtphase, den Tag außerhalb ihres Dunkelkäfigs, womit sie einen Taktgeber für den Lichtrhythmus haben.

Auf diese Weise ist ein periodischer Wechsel in der Synthese von Melanotonin entstanden, ein Tagesrhythmus oder Circadianrhythmus. Die Epiphyse vermag also elektromagnetische Felder in Form von Licht und Magnetfeldern in photochemische Reaktionen umzusetzen, in die Synthese des Hormons Melatonin bzw. deren Blockierung.

Die langfristige Wirkung des Melatoninhormons besteht in einer “Melanocyte-contracting principle”, also in einer Aufhellung der Melaninpigmentfarben. Bei Fischen und Amphibien steuert es den Farbwechsel. Es gilt bei Tieren als Gegenspieler des Hormons Melanotropin, welches das ganze Gegenteil bewirkt, also die Melaninsynthese verstärkt. Werden also die zitierten Vögel in einem Dauerlicht gehalten, so wird die Produktion an Melatonin langsam eingestellt, und durch das Übergewicht von Melanotropin wird nun mehr Melanin in Gefieder und Haut als Schutz vor dem verstärkten Dauerlicht synthetisiert und eingebaut.

Diese Tatsache steht mit der schon vor vielen Jahrzehnten empirisch gewonnen Glogerschen Färbungsregel in Einklang, nach der Tiere in tropischen und subtropischen feucht-warmen Regionen, also Regionen mit langer und intensiver Sonnenscheindauer, dunkler und intensiver eingefärbt sind als die Tiere nördlicher oder südlicher Breiten vom Äquator. Auch auf den Menschen trifft diese Glogersche Regel zu, denn es ist schon seit Jahrhunderten bekannt, dass die Menschen nördlicher Breiten hellhaarig-blond, blauäugig und von hellerer Hautfarbe sind als jene Menschen, die in tropischen-subtropischen Breiten leben und deren Haar dunkel bis schwarz, die Augen braun und ihre Haut dunkel bis schwarz sind. Den in nordischen Breiten lebenden hellhäutigen Menschen hat man die Hautfarben weiß (Arier), gelb (Asiaten) und rot (Indianer) zugeordnet und diese Hautfarben einst sogar zu Rassemerkmalen erklärt.

Unter dem Hintergrund dieser Glogerschen Regel repräsentiert der Weißstorch als Zugvogel und Wanderer zwischen den Nord- und Südkontinenten mit seiner harten kontrastreichen Gefiederfärbung die Extreme solcher Farbausprägungen nördlicher und südlicher Breitengrade unter der gefiederten Welt. Er vereint beide Extreme einer solchen Farbausprägung.

Das Melanotropin wird im Mittellappen der Hypophyse produziert, weshalb es gelegentlich auch noch als Intermedin bezeichnet wird. In den Zellorganellen der Melanoblasten, den Melanosomen, wird über eine hier nicht näher zu erörternde Stoffwechselkette aus Phenylalanin über Tyrosin, DOPA, Dopachinon, Dopachrom und Melanogen schließlich Melanin gebildet, das sich in feinen Pigmentgranula in den Melanosomen einlagert.

Damit ist aus den melaninfreien Melanoblasten ein melaninhaltiger Melanocyt geworden. Seine Aufgabe ist es nun, unter der steuernden Einwirkung von Melanotropin das Melanin an die Keratocyten zu verteilen. Das sind jene keratinhaltigen Zellen, aus denen unter anderem die Lederhaut, Haare und die Federn gebildet werden. Melanotropin reguliert also die Melanocytenexpansion und Melanindispersion, und zwar nach einem genetischen Code, der die artspezifischen Farben und Muster der Haut, Augen und Federn usw. sicherstellt.

Ihr genetisch fixiertes artspezifisches Farbmuster bekommt die Feder in der Spule aufgeprägt, so dass dadurch die räumliche und zeitliche Verteilung der Pigmente, z. B. eine typische Bänderung der Feder oder Sperberung des Federkleides entsteht. Aus diesem Grunde ist die Spule eines lebenden Blutkieles dunkel eingefärbt, da sie durch den erfolgenden Pigmenteinbau gefärbt wird. Ist das Wachstum der Feder beendet, wird sie auch nicht mehr mit Blut und Nährstoffen versorgt und der Pigmenteinbau in die Feder erlischt, ihre Spule wird hell.

Es sei darauf hingewiesen, dass es neben Melanin zahlreiche Pigmente und Farbstoffe in der Natur gibt, die zu photochemischen Reaktionen befähigt sind, besonders im Auge. Die bekanntesten davon sind Retinol (Vitamin A) und Rhodopsin, das Sehpurpur in den Zapfen des Auges, welches bei 502 nm maximale Lichtabsorption zeigt und so das Dämmerungssehen ermöglicht. Aus dem Reich der Pflanzenwelt sei hier an die verschiedenen Chlorophylle als photochemische Pigmente und Energiewandler erinnert.

Natürlich treten bei den Vögeln Farben nicht nur im Gefieder auf. Immer wieder faszinierend sind auch die variierenden Farben und Spielarten in den Mustern bei den Vogeleiern. Deshalb sei hierzu noch eine kurze Randbemerkung erlaubt. Unser Weißstorch ist auch hier bescheiden geblieben und präsentiert kalkweiße Eier in seinem Gelege. Andere Vogelarten zeitigen farbig-gemusterte oder homogen eingefärbte Eier, allbekannt zumindestens von den in weiten Braunschattierungen variierenden braunen Eiern unserer Legehühner. Die bunten Farben der Eier haben den gleichfalls unter Pflanzen und Tieren weit verbreiteten Naturfarbstoff Pyrrol zur Grundlage, ein heterocyclischer Fünfring mit einem Stickstoffatom, der neben seiner farbgebenden Funktion gleichfalls wichtige physiologische Aufgaben zu erfüllen hat.

Diese Pyrrolfarbstoffe haben die Eigenschaft, Metallionen komplex zu binden. Erinnert sei an das eisenhaltige rote Häm und Hämoglobin der roten Blutkörperchen und an deren grüne, bläuliche und braune Abbauprodukte im Gallensaft, die gelb-braunen Abbauprodukte Biliverdin und Bilirubin u. a. Auch das lebenswichtige Vitamin B12 zum Aufbau des Blutfarbstoffes Hämoglobin besteht aus Pyrrolringen, die ein Cobaltion komplex binden. Erinnert sei auch an das blaugrüne Chlorophyll a und das gelbgrüne Chlorophyll b, die im Unterschied zum Hämoglobin statt Eisen Magnesium in ihre ringförmig gekoppelten Pyrrolringe einschließen. Ersetzt man das Eisen im Hämoglobin durch Kupfer, so nimmt das Hämoglobin eine blaugrüne Farbe an, wie es bei manchen Gliedertieren auftritt.

Auch Knochen, Harn, Fäces und Hefen beinhalten solche Pyrrolfarbstoffe. Von Interesse ist hier, dass Pyrrolfarbstoffe aber auch in bestimmten Vogelfedern und in Vogeleiern auftreten. Damit sie dort zu einer Farbgebung führen, müssen sie ebenfalls Metallionen komplex binden. Meist sind es die Metallionen, die in den Pyrrolfarbstoffen dann auch die Farbe von Eiern oder Gefieder bestimmen, ganz ähnlich wie die Metallionen auch unter den Edelsteinen die Farbe bestimmen und bewirken.

Kalkweiße Eier haben also vermutlich keine Pyrrolfarben mit komplex gebundenen Metallen in ihren Schalen und bleiben daher weiß. Pyrrolfarbstoffe werden täglich über den Darm- und Urogenitaltrakt ausgeschieden. Bei Vögeln ist das die Kloake, in die der Darm und die Harnleiter münden, beim weiblichen Vogel auch der Eileiter, der das Ei zunächst in die Kloake entlässt. Bevor dies geschieht, wird im unteren Drittel des Eileiters das Ei mit einem Kalkbrei umgeben, der zu einer festen Masse, der Eischale, auskristallisiert, ähnlich dem Vorgang des Abbindens von angerührtem Gips. Alsdann bildet sich darüber die hauchdünne Eioberhaut, in die Pyrrol-Farbstoffe eingelagert werden können. Dabei kontrahiert sich der Eileiter und treibt das Ei in die Kloake, wobei sich beim Ausstoßen des Eies aus dem Eileiter durch dessen Kontraktion das Eiende zuspitzt.

Wie dabei die artspezifischen Eierfarben und -muster entstehen, ist noch weitgehend unbekannt. Entscheidend dafür dürfte die topographische Anordnung der Drüsen im Eileiter und die Art der Peristaltikbewegung des Eileiters sein. Mit dem stumpfen Pol voran wird das Ei schließlich in die Außenwelt entlassen, in der Regel in ein Nest. Das dabei eintretende Temperaturgefälle zwischen Vogelkörper und Außenwelt erreicht dabei das stumpfe Ende des Eies also zuerst und es beginnt sich abzukühlen, wobei sich der Inhalt des Eies etwas kontrahiert. Gleichzeitig wirkt dabei der atmosphärische Luftdruck von 1 Atmosphäre auf den Eipol ein, und da die Eischale porös und damit luftdurchlässig ist – weshalb Hühnereier im Kühlschrank auch vertrocknen können– füllt sich die Luftkammer des Eies zwischen innerer und äußerer Eihaut mit Luft. Das ist der Grund, weshalb sich die Luftkammer eines Eies an dessen stumpfem Ende befindet.

Vor dem Vertrocknen sind Eier in der Kühlkammer nur für 6 bis 8 Monate sicher, wenn dort eine Temperatur von 0°C bis 1, 5°C und eine Luftfeuchtigkeit von 90% bis 95% herrscht. Einfacher schützte man früher Eier vor dem Vertrocknen, indem man sie in Kalkwasser (Kalkeier) oder Wasserglas bei Zimmertemperatur einlegte. Trotz der Luftkammer am stumpfen Eipol richtet sich ein frisches Ei bei der Schwimmprobe im Wasser nicht auf; auch nicht in einer 10%-igen Kochsalzlösung, die dem Ei noch mehr Auftrieb verleiht. Eier, die dies tun, haben bereits infolge Verdunstung von Wasser ihre Luftkammer vergrößert, bis sie letztlich auch auf dem Wasser schwimmen. Je größer die Luftkammer, umso vertrockneter und damit älter ist also ein Ei. Weshalb gibt wohl ein industrieller Hühnereierproduzent mit dem Code-Stempel auf dem Hühnerei nicht auch das Legedatum an, sondern nur die Haltungsart, Stallnummer und das Herkunftsland? Seine auf die Verpackung aufgedruckte Kundensuggestion “Frische Eier” oder “Frischei” würde ihn widerlegen. Aber es bleibt den Lesern unbenommen, seine gekauften Hühnereier einmal einer solchen Schwimmprobe in 10%-igem Kochsalzwasser zu unterziehen. Bald wird er ein untrügliches Gefühl dafür haben, wie „frisch” seine gekauften Eier tatsächlich sind, ganz gleich welche Farbe sie haben.

Da die Melaninpigmente offensichtlich eine entscheidende Rolle im menschlichen, tierischen wie auch pflanzlichen Leben spielen, sei hier dazu noch eine kurze Abschlussbetrachtung gestattet. Melanin ist keine chemisch einheitlich definierte Substanz, sondern gehört zu einer Stoffgruppe, ähnlich wie die gelb-rot-bräunlich gefärbten Lignine des Holzes. Beide Stoffgruppen sind eng mit den Huminstoffen verwandt, die bereits zu Anfang der chemischen und biologischen Evolution in der “Ursuppe” unserer Erde entstanden. Es sind archaische Substanzen aus der frühesten Zeit der Entstehung organischer Verbindungen, aus denen einmal mit den entstehenden Eiweißstoffen und Nucleinsäueren das Leben hervorging.

Zu den überraschenden Eigenschaften von Melanin zählt, dass es ein elektrischer Leiter ist und in amorpher Form Halbleitereigenschaften besitzt. Seine elektrophysiologische Leitungsfunktion erhellt u. a. daraus, dass es Bestandteil der Substantia nigra u. a auch im menschlichen Mittelhirn ist, bei deren Ausfall das Krankheitsbild des Parkinsonismus mit schweren Bewegungs- und Koordinationsstörungen eintritt. Zittern, Tremor, Ataxien bis zur Bewegungsunfähigkeit und Spastizität entstehen beim Ausfall solch archaischer Funktionsgebilde.

Melanin als Pigmentschirm der Haut und Schutz vor der UV-Strahlung wurde schon angesprochen. In archaischer Zeit war er besonders wichtig, da hier noch eine härtere UV-Strahlung als zu unserer Zeit vorherrschte. Als der Mensch in seiner Entwicklungsgeschichte begann, sein schützendes Haarkleid abzuwerfen, war er besonders in den tropischen und subtropischen Breiten unseres Planeten auf den Savannen gnadenlos der UV-Strahlung ausgesetzt. Nur die Ausbildung von Melanin in seiner Haut vermochte ihn davor zu schützen. Seine Haut wurde dunkel, und je näher er dem Äquator lebte, wo der UV-Anteil des Lichts über das ganze Jahr verteilt am höchsten ist, wurde sie fast schwarz. Da der UV-Anteil des Lichts über das Jahr verteilt zu den nördlichen und südlichen Breiten abnimmt, sind die nördlich und südlich des Äquators lebenden Menschen auch immer heller pigmentiert. Sie werden hellhäutiger, da geringere Mengen Melanin in der Haut genügen, um die zu den Polen hin abnehmende UV-Strahlung abzuschirmen.

Durch Energieaufnahme von den Photonen des Lichts bei der Absorption wird Melanin von seinem Grundzustand in einen angeregten Zustand versetzt, um unter Abgabe von langwelliger Wärmestrahlung wieder in seinen Grundzustand zurückzukehren. Damit hat es die harte energiereiche und gefährliche kurzwellige UV-Strahlung in harmlose langwellige Wärmestrahlung umgewandelt, in Schwingungsenergie der Atome und Moleküle (Brownsche Molekularbewegung), die durch ihre Reibung Wärme erzeugen.

Es absorbiert also den größten Teil des Lichts, weshalb es dunkel oder schwarz erscheint. Der Physiker bezeichnet die Elementarquanten einer gekoppelten Atomschwingung in einem festen Körper als Phononen. Melanine wandeln also die Lichtenergie der Photonen in mechanische Schwingungsenergie der Phonone um. Je höher also die Energie der Photonen (je kurzwelliger das Licht) umso höher ist die Schwingungsfrequenz der Atome und damit die erzeugte Wärme.

Nun, wer kennt den Effekt nicht, wenn man sich bei –8C° im Hochgebirge zum Bräunen, Lichtbaden oder “Hautgrillen” nackt in die Sonne legt. Deshalb zeigen Melanine in ihren UV- und IR-Spektren auch keine Strukturen (Reflektionsspektren), da im UV-Bereich von ihnen alles Licht absorbiert und im IR-Bereich zu Wärme umgewandelt wird, aber kein Licht mehr abgestrahlt wird.

Der Wellenlängen- oder Frequenzbereich, den Melanine bei dieser Photonen-Phononen-Umwandlung überspringen, ist gigantisch. Das die Erde erreichende UV-Licht umfasst den Wellenlängenbereich von 280 nm bis 400 nm und wird in die Bereiche A, B und C eingeteilt. Das sich anschließende für das menschliche Auge sichtbare Licht reicht von 400 nm (violett) bis etwa 740 nm (dunkelrot). Jenseits von 740 nm setzt die nicht sichtbare infrarote Wärmestrahlung ein, die auf Grund ihrer physikalisch- und physiologisch-therapeutischen Wirkung gleichfalls in die Bereiche A, B und C eingeteilt wird und bis ca. 997 μm, also rund 1 mm Wellenlänge reicht. In diesen Bereich von 0,740 μm bis 1000 μm wird also die ultraviolette Strahlungsenergie durch die Melanine in Wärmestrahlung transferiert. Die IR-A Strahlung vermag dabei bis in tiefe Hautschichten einzudringen; mit zunehmender Wellenlänge nimmt diese Tiefenwirkung dann ab und im IR-C Bereich tritt nur noch oberflächlicher Wärmestau auf der Hautoberfläche auf.

Es wird deutlich, dass das Melaninpigment auch im Dienste der Thermoregulation steht, indem es das kurzwellige energiereiche UV-Band zum Zweck der Wärmegewinnung in das langwellige IR-Band transferiert. Geht man von dem gerade noch sichtbaren UVA-Bereich mit 400 nm aus und setzt die letzte spürbare Wärmewirkung bei rund 1000 μm im fernen Infrarot an, so entspricht das einem gigantischen Frequenzsprung von rund 75000 GHz. Dabei wird das gesamte sichtbare Lichtspektrum weit übersprungen, da es offenbar nicht zum Wärmegewinn beiträgt.

Die Analogie zu den Chlorophyllen der grünen Pflanzen ist unverkennbar. Während diese grünen Pigmente aus dem Spektrum des sichtbaren Lichts – bevorzugt bei 430 nm, blau und 680 nm, rot – die Energie der Photonen vermittels der Chlorophylle absorbieren und durch die Photosynthese in energiereiche chemische Verbindungen wie Glucose und Stärke umwandeln, wandeln die Melanine den Energiebereich des unsichtbaren UV-Lichts in Schwingungs-, Vibrations- und Rotationsenergie der Moleküle und damit in die unsichtbare Infrarotwärmestrahlung um.

Melanine sind noch weitgehend unerforscht und ihre Rolle als Leiter- und Halbleiterstruktur im Gefieder der Vögel und im Haarkleid der Säuger ist noch nicht voll erkannt. Jedem von uns ist bekannt, dass sich auch unbehandeltes menschliches Haar, das ja auch aus Keratin besteht und mit Melaninpigment beladen ist, elektostatisch aufzuladen vermag, so dass dann die Haare buchstäblich „zu Berge” stehen. Vermögen Melanine etwa den Vögeln elektrostatische Aufladungen der Atmospäre zu signalisieren, wie sie etwa bei Thermik durch die Reibung der aufsteigenden Luft im Thermikschlauch entsteht und so den Thermikfliegern wie den Störchen das untrügliche Auffinden von Thermikzonen ermöglicht? Oder vermögen sie den Tieren auch herannahende Gewitter- und Wetterfronten zu signalisieren, lange bevor sie am Aufenthaltsort der Tiere eintreffen und der Mensch von ihrem Erscheinen etwas ahnt?

Es ist bekannt, dass Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchte und Wind die elektrostatische Aufladung der Atmospäre zu verifizieren vermag und Tiere sich schon lange vor Eintreffen eines Gewitters oder Wetterstürzen in Sicherheit bringen; der berühmte Siebente Sinn der Tiere. Auch hier kann man sagen, dass das für den Menschen oft so Augenscheinliche nicht das ganze wahre Geschehen der Umwelt widerspiegelt, da es sich vor der Wahrnehmung durch seine Sinne verbirgt. Wie ist es z. B. anders erklärbar, dass Kleinvögel, aber auch Tauben jeweils schon 2 bis 3 Tage vor Herannahen einer Kaltfront ihre Futteraufnahmen forcieren, die geradezu in „Fressorgien” ausarten können, wie an Experimentalfutterstellen jahrzehntelang beobachtet werden konnte, wenn sie nicht den herannahenden Kältesturz zu registrieren vermögen?
skippy

Beitrag von skippy »

FARBENGENETIK

(am Beispiel des Höckerschwans Cygnus olor und Cygnus olor immutabilis)
Zum Schluss der Beiträge zu den Gefiederfarben sei noch ein Blick auf die Genetik des Pigmentfarbstoffs Melanin geworfen. Dies gelingt relativ einfach beim Höckerschwan (Cygnus olor), da dort das Eumelanin-Gen monogen, also nur durch ein Gen, das auf dem Z (X)-Chromosom liegt, also einem Geschlechtschromosom, vererbt wird. Dadurch wird die Farbgenetik hier leichter überschaubar. In vielen Fällen werden die mannigfaltigen Gefiederfarben der Vögel aber polygen vererbt, wobei die Farbgene nicht nur auf den Geschlechtschromosomen, sondern meist auf mehreren Autosomen liegen.

Am besten untersucht ist die Farbgenetik bei Labor- und Versuchstieren sowie bei Züchtern von domestizierten Hobby- und Luxustieren wie Zierfischen, Ziervögeln (Wellensittich, Ziertauben, Brieftauben, Kanarienvögel, Papageien), Ziergeflügel (Hühner, Kampfhähne), Kleinsäuger wie Farbmaus, Farbratte, Hamster, Meerschweinchen oder Kaninchen, Katzen, Hunden, Rindern und Pferden. Das hat aus erdenklichen Gründen überwiegend merkantile Ursachen, denn mit seltenen Farbschlägen lässt sich Geld machen. Die Erforschung der Farbgenetik unter Wildtieren wie etwa dem Weiß- oder Schwarzstorch oder den Wildschwänen bleibt da weitgehend auf der Strecke. Weiß- und Schwarzstorch sowie Höckerschwan sind in ihrem Gefieder zweifarbige Vögel mit den Farben Weiß und Schwarz. Letztere Farbe trägt der Höckerschwan nur in seinem Jugendgefieder, aber alle drei Arten besitzen beim Schlupf ein schwarz-graues Dunenkleid.

Ihre Grundfarbe ist also schwarz, da das dunkle Eumelanin das entwicklungsgeschichtlich ältere Melanin neben dem Phäomelanin der Wirbeltiere darstellt. Die endogenen Synthesewege dieser beiden Melanine sind daher bis zur Stufe des DOPA-Chinon derselbe, erst danach trennen sie sich voneinander. Welcher der beiden Wege dann beschritten wird – Eumelanin oder Phäomelanin – ist genetisch durch die Farbgene bestimmt, die auf verschiedenen Chromosomen lokalisiert sind.

Von der Maus sind mindestens 5 Chromosomen bekannt (2, 4, 7, 8, 9), die farbcodierende Gene tragen. Vom Höckerschwan ist gerade mal bekannt, dass sein Z-Geschlechtschromosom ein Farbgen für Eumelanin trägt, das sowohl dominant als auch rezessiv auftreten kann.
Vom Menschen und von den Säugetieren sind wir es gewohnt, dass die weiblichen Tiere zwei X-Chromosomen in ihren Körperzelllen besitzen und die männlichen Tiere ein X- und ein Y-Chromosom als Geschlechtschromosom (XY-Typ). Dieser Geschlechtschromosomenstatus wird als männliche Heterogametie bezeichnet. Das ist nicht bei allen Tierfamilien so und weicht bei den Vögeln dahingehend ab, dass die weiblichen Vögel nur ein X-Chromosom besitzen, während die männlichen Vögel zwei X-Chromosomen haben. Dieser Geschlechtschromosomenstatus wird als weibliche Heterogametie bezeichnet und tritt auch bei anderen Wirbeltierarten auf (XO-Typ). In der genetischen Terminologie der Vögel wird das X-Chromosom mit Z bezeichnet und das Y-Chromosom mit W. Weibchen haben also WZ als Geschlechtschromosomen und sind damit heterozygot, während Männchen ZZ als Geschlechtschromosomen haben. Sie sind homozygot.

Für die Ausprägung des Pigments Eumelanin ist nun bei den Vögeln das Z-Chromosom als Geschlechtschromosom entscheidend, denn auf ihm sitzt das Gen, das den Melaninstoffwechsel bei der Federfärbung steuert und die Federn mit Eumelanin belädt und damit für eine arttypische Musterung und Zeichnung der Feder des Gefieders sorgt. Da die männlichen Vögel zwei Z-Geschlechtschromosomen besitzen, liegt bei ihnen dieses Gen also doppelt in ihren Körperzellen vor, worin man die Erklärung finden kann, dass viele männliche Vögel im Gefieder in der Regel intensiver und farbfreudiger ausgefärbt sind als ihre weiblichen Artgenossen. Damit besitzen männliche Vögel doppelt soviel Eumelaningene in ihren Körperzellen (ZE-ZE) als weibliche Vögel (W-ZE).

Die doppelte Dosis Farbgene führt aber zu einer genetischen Imbalance, einem Ungleichgewicht in der Wirkungsdosis der Farbgene unter den Geschlechtern. Deshalb wird beim männlichen Vogel eines der Z-Chromosomen inaktiviert, indem es zu Heterochromatin/Geschlechtschromatin/Sex-Chromatin, den Barrkörperchen umgewandelt wird. Diesen Vorgang bezeichnen die Genetiker als Dosiskompensation, wodurch die Imbalance der an die Geschlechtschromosomen gebundenen Gene beseitigt ist. Diese Dosiskompensation führt letztlich auch dazu, dass männlicher und weiblicher Höckerschwan in ihrem phänotypischen Erscheinungsbild der Gefiederfärbung gleich aussehen und nicht unterschieden werden können, ähnlich wie bei den Weißstörchen.

IMMUTABILIS sind eine besondere genetische Farbvariante unter den Höckerschwänen. Immutabilis heißt unveränderlich: Da diese Farbvariante weiß schlüpft – im Unterschied zu den normalen Schwanenküken, die in einem graubraunen Dunenkleid schlüpfen, heißen sie IMMUTABILIS, da sie ihr weißes Federkleid vom Zeitpunkt ihres Schlupfes in der Farbe nicht mehr verändern. Es ist von Anbeginn ihres Lebens weiß und damit unveränderlich. Alte IMMUTABILIS kann man daran erkennen, dass sie einen hellen, stroh- bis rosafarbenen Schnabel und ebensolche Paddel und Ständer haben. Ebenso können die Augen, aber nicht immer, strohfarben bis bernsteinfarben sein.
skippy

Beitrag von skippy »

MAUSER

Bild

Die symmetrischen weißen „Streifen" in den Hand- und Armschwingen des rechten und linken Flügels sind Mauserlücken. Da die Flügel nicht ganz geöffnet sind, verdeckt die Außenfahne der jeweils nächstinneren Feder die Lücke, so dass sie nicht offen ist. Die Außenfahne erscheint hier heller, da durch sie das Licht noch hindurchschimmert, weil sie nicht mehr von der Innenfahne der gefallenen Feder bedeckt wird.

So wie es das Bild (11.07.06) hergibt, sind die Handschwingen H4 und die Armschwingen A5/6 gefallen. Aber das ist mit Vorsicht zu genießen, denn zur genauen Bestimmung der gefallenen Feder muss man natürlich den Vogel in der Hand haben und den Flügel strecken.Gezählt wird vom Handgelenk aus beginnend mit 1 nach außen für die Handschwingen (12 beim Weißstorch) und nach innen für die Armschwingen (22), ebenfalls beginnend mit 1 am Handgelenk. Alle Deckfedern des Vogelkörpers liegen dachziegelartig übereinander, so dass kein Regenwasser auf die Haut hindurchdringen kann und das Gefieder durchnässt. Das Fett der Bürzeldrüse verhindert zudem die Benetzung des Gefieders mit Wasser.
skippy

Beitrag von skippy »

DIE VOGELLUNGE

(von F1-maggie aus Anlass der Pilzerkrankung von Hugo)

Sicherlich können Vögel Atemwegserkrankungen bekommen, aber ich wollte trotzdem darauf hinweisen, dass Vögel eine völlig anders gebaute Lunge haben, mit zwei Luftsäcken und einem dazwischen liegenden System aus Luftkapillaren.

Ein Vogel benötigt zwei Atemzüge, um die Luft, die er eingeatmet hat, wieder auszuatmen, und kann den Sauerstoff viel effektiver nutzen als ein Säugetier. Ziemlich genial! Die Luft strömt durch die Luftröhre in den hinteren Luftsack, wird beim Ausatmen dann in die Luftkapillaren gedrückt, wo der Sauerstoffaustausch stattfindet, strömt beim nächsten Einatmen in den vorderen Luftsack und wird erst beim zweiten Ausatmen wieder nach außen abgegeben.

Wollte das nur einwerfen, damit kein falsches Bild entsteht, von Lungenflügeln und so, die gibts da nämlich nicht.
Bronchien, bzw. sogenannte Parabronchien, haben Vögel auch und können sicherlich auch ne Bronchitis oder ne Luftsackentzündung bekommen.

Ein Schema der Vogellunge kann man zum Beispiel hier sehen:

Bild
Quelle: http://www.zum.de/Faecher/Materialien/h ... -lunge.gif

Bei A und C atmet der Vogel ein, bei B und D aus. Wobei man bedenken muss, dass A und C immer gleichzeitig passieren, nur eben mit unterschiedlichen Lüften (und bei B und D gilt das gleiche).
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stiloangi
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Beitrag von stiloangi »

FRAGEN UND ANTWORTEN

Als Ergänzung

http://www.storch-diedorf.de/weissstorc ... eines.html


daraus:

Störche können ein hohes Alter erreichen. Der älteste Ringvogel der gefunden wurde, war 34 Jahre und 10 Monate alt. Die Sterblichkeitsrate eines Weißstorchs im 1. Lebensjahr beträgt circa 60 % und in den Folgejahren etwa 25 %. In Bayern wurde ein Durchschnittsalter der Brutpopulation von 8-10 Jahre berechnet.

Wenn diese Ausführungen stimmen, sind 2 flüggegewordene Störche pro Paar jährlich zur Arterhaltung nicht ausreichend!
skippy

Beitrag von skippy »

Lieber CICONIA-Horst,

dass du dich gemeldet hast, ist wunderbar! Wir werden selbstverständlich in Kontakt bleiben - ich freue mich auf viele nette und erkenntnisreiche Gespräche mit dir.

Deinen Wunsch, das Wessobrunner Gebet anzufügen, erfülle ich dir natürlich sehr gerne, denn es gehört unbedingt hierher!

Herzliche Grüße an dich und "deine" Isar-Schwäne :D

Renate
skippy

Das Wessobrunner Gebet

Beitrag von skippy »

WESSOBRUNNER GEBET Anno 814

Aus Ehre und Achtung vor der Schöpfung, dem ewigen Werden und Vergehen auf diesem Planeten füge ich einmal aus gegebenem Anlass das WESSOBRUNNER GEBET aus dem Jahre 814 hier ein. Es kann sich Jede/r hierzu seine eigenen Gedanken machen und in einer stillen Stunde dazu einmal in sich einkehren.

Auch Tiere haben eine Seele, auch wenn sie nur triebhaft bestimmt ist!

Ciconia-Horst


Wann das Wessobrunner Gebet entstanden ist, lässt sich nicht genau feststellen. Die Handschrift wurde 814 fertig gestellt. Die Zeit um 800 wird als Datum der Entstehung festgehalten. Wer das Gedicht geschrieben hat und wo es entstanden ist, ist unbekannt.

Über den Ort der Entstehung hat man viel gerätselt. Viele Wissenschaftler sind der Meinung, dass dieses Gedicht gar nicht in Wessobrunn entstehen hätte können. Sie würden es lieber Regensburg oder gar Fulda zusprechen. Wessobrunn war aber bis zu seiner gewaltsamen Schließung im Jahre 1803 durch die Säkularisation ein bedeutendes Kloster.

Was jedoch gegen Wessobrunn spricht, ist die völlige Zerstörung des Klosters im 10. Jahrhundert (vor 955) durch die Ungarn. Die Handschrift wäre damals sicherlich ein Opfer der Zerstörung geworden. Ein weiteres Argument gegen Wessobrunn ist die schriftkundliche Untersuchung durch Bernhard Bischoff. Die Handschrift ist wohl eher einem Kloster der Diözese Augsburg zuzuschreiben. Sehr wahrscheinlich ist das Gebet im Staffelseekloster St. Michael entstanden. Allerdings kann das auch nicht mit letzter Gewissheit gesagt werden.

Den Namen erhielt es, weil es über viele Jahrhunderte in dem Kloster aufbewahrt wurde. Der Historiker und Politiker Johann Nepomuk Sepp (1816-1909) hat das Gebet in einen Findling schlagen lassen. Dieser kann heute noch gegenüber dem Gasthaus zur Post besichtigt werden.


Althochdeutscher Text:

Dat gafregin ih mit firahim firiuuizzo meista,
dat ero ni uuas noh ûfhimil,
noh paum ... noh pereg ni uuas, ni ... nohheinîig
noh sunna ni scein,
no mâno ni liuhta,
noh der mâreo sêo.
Dô dâr niuuiht ni uuas enteo ni uuenteo,
enti dô uuas der eino almahtîco cot, manno miltisto,
enti dâr uuârun auh manake mit inan cootlîhhe geistâ.
enti cot heilac ...
Cot almahtico,
du himil enti erda gaworachtos,
enti du mannun so manac coot
forgapi,
forgip mir in dino ganada
rehta galaupa
enti cotan willeon,
wistom enti spachida enti craft,
tiuflun za widarstantanne,
enti arc za piwisanne
enti dinan willeon za gauurchanne.


Das erfuhr ich unter den Menschen als der Wunder größtes,
dass Erde nicht war, noch oben der Himmel,
nicht Baum ..., noch Berg nicht war,
noch ... irgend etwas,
noch die Sonne nicht schien,
noch der Mond nicht leuchtete,
noch das herrliche Meer.
Als da nicht war an Enden und Wenden,
da war der eine allmächtige Gott, der Wesen gnädigstes,
und da waren mit ihm auch viele herrliche Geister.
Und Gott der heilige ...
Gott allmächtiger, der du Himmel und Erde wirktest
und der du den Menschen so mannigfach
Gutes gegeben,
gib mir in deiner Gnade
rechten Glauben
und guten Willen,
Weisheit und Klugheit und Kraft,
den Teufeln zu widerstehen,
und das Böse (Arge) zurückzuweisen
und deinen Willen zu tun (wirken).


Ursprung im Jahr 814 – Versform im Stabreim – Wessobrunn in Bayern.
Übersetzung teilweise aus: Egon Kühebacher – Wessobrunner Gebet – ein Hymnus
CICONIA-Horst
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Registriert: So 27. Mai 2007, 21:28

TIERE ALS MITGESCHÖPFE - VON DER NEUEN WANDLUNG EINES CGRIST

Beitrag von CICONIA-Horst »

DER UNBEFANGENE LESER MAG GLAUBEN,DASS ICH DES MORGENS FRÜH AUFSTEH UND ABENDS SPÄT ZU BETTE GEH

In beiden Fällen gilt das gleiche Gebet:

GOTT

gib mir in deiner Gnade
rechten Glauben
und guten Willen,
Weisheit und Klugheit und Kraft,
den Teufeln zu widerstehen,
und das Böse (Arge) zurückzuweisen
und deinen Willen zu tun (wirken).


CICONIA-Horst
hanns

Beitrag von hanns »

Moin, moin

skippy, heute ist dein Tag deshalb:


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von hier, weil das Unterforum, deine Fleißarbeit, aus der Versenkung hervor kommen soll.
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Beitrag von C1 »

Diesem Glückwunsch schließe ich mich gerne an!

C1
Grüße von Columbine1
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